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Straffällige Kinder ins Heim

■ Grüne halten eine Heimunterbringung für straffällige Kinder nur in Ausnahmefällen für möglich. SPD-Politikerin Herta Däubler-Gmelin und CDU-Ministerin Claudia Nolte für mehr Härte

Frankfurt/Main (AP) – Nach der Koalition und der SPD halten nun auch die Grünen eine Unterbringung minderjähriger Straftäter in geschlossenen Heimen für möglich. Der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Volker Beck, sagte am Samstag in Bonn, dies sei kein Tabu. Die Heimunterbringung dürfe aber nur in Ausnahmefällen letztes Mittel sein. Die SPD-Rechtsexpertin Herta Däubler-Gmelin forderte ein hartes Durchgreifen. Bei Mord müßten auch Gefängnisstrafen in Frage kommen. Die Diskussion war nach der Tat zweier 16jähriger angeheizt worden, die einen 73 Jahre alten Ladeninhaber in Hamburg wegen 220 Mark erstochen hatten.

Beck warnte aber davor, vom Kern des Problems abzulenken. „Wir kümmern uns zuwenig um unsere Jugend. Wir brauchen einen Ausbau der Jugendhilfe, ein Programm gegen Jugendarbeitslosigkeit und über die Ausbildungsplatzabgabe eine Integration aller ausbildungswilligen Jugendlichen in den Arbeitsmarkt.“

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Däubler-Gmelin sagte im Mitteldeutschen Rundfunk mit Blick auf die Tat in Hamburg: „Wer einen Menschen umbringt, der kriegt ,lebenslänglich‘. Punkt. Hier geht es nicht um geschlossene Heime, sondern um Gefängnis.“ In Heime gehörten Kinder, mit denen die Eltern nicht fertig würden. Dort müsse mit ihnen dann gearbeitet werden. Der Hamburger Tat vorangegangen sei eine lange Reihe von Auffälligkeiten der beiden Täter. Es sei zu fragen, warum Jugendämter und Strafbehörden nicht schon früher eingegriffen hätten. In die Jugend, besonders im Osten, müsse mehr investiert werden. „Sonst dürfen wir uns nicht wundern, wenn da vieles aus dem Ruder läuft.“ Die CDU-Politikerin Nolte forderte in der Nordwest-Zeitung von Ländern, die bisher „aus ideologischen Gründen“ keine geschlossenen Heime hätten, ihre Haltung zu überdenken. „Es kann doch nicht sein, daß zum Beispiel Niedersachsen junge Mehrfach- oder Intensivtäter in geschlossenen Heime nach Bayern schickt.“ Unterdessen ist der 13jährige Türke „Mehmet“, der mit seinen Eltern Deutschland verlassen soll, nach Angaben des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) erneut straffällig geworden. Demnach schlug er in der Nacht zum Samstag mit zwei Komplizen einen Schüler zusammen und beraubte ihn. Der junge Türke müsse zum Schutz der Opfer das Land mit seinen Eltern verlassen, so Beckstein. Dem Jungen werden 61 Fälle von Raub, Diebstahl, Erpressung und schwerer Körperverletzung vorgeworfen. Gegen den Abschiebungsbescheid hat die Familie bei Gericht Widerspruch eingelegt.

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