Drei Klammern für Bosnien

■ Neue Nummernschilder, die neue Währung und neue Pässe sollen die Integration fördern. Die Bevölkerung nimmt die Angebote an

Sarajevo (taz) – Die alten Nummernschilder verschwinden immer mehr aus dem Straßenbild Bosnien-Herzegowinas, das alte Geld hat ausgedient und wird durch die neuen Scheine der „konvertiblen Mark“ ersetzt, sogar neue Pässe werden die Bürger bald in den Händen halten. Selbst die neue blaugelbe Flagge mit den Sternen des Gesamtstaates werden immer öfter an den offiziellen Gebäuden gezeigt. Doch die Frage bleibt, ob der in offiziell zwei, faktisch aber drei ethnisch definierte Entitäten aufgeteilte Staat durch diese äußeren Zeichen tatsächlich zusammenwachsen wird.

Manche Menschen in Sarajevo reagieren nostalgisch auf das Verschwinden der blauweißen bosnischen Autokennzeichen. „Jetzt kann niemand mehr erkennen, woher die Leute kommen, die in dem Auto sitzen“, sagt ein Bekannter. Das SA für Sarajevo, das TZ für Tuzla oder das MO für Mostar sind jetzt ebenso Geschichte, wie die Nummernschilder der Republika Srpska mit den vier kyrillischen S oder die mit den kroatischen rot- weißen Rautenmustern geschmückten Schilder aus den kroatisch kontrollierten Gebieten. Den Autos mit den alten Schildern ist seit Mittwoch der Übertritt in einen anderen Staat verwehrt.

Mit den neuen Kennzeichen ist tatsächlich nicht mehr feststellbar, woher die Autobesitzer stammen. Die Zahlen und Buchstaben auf den weißen Nummernschildern verraten dies nicht mehr. Und das hat seinen politischen Grund: Alle Bürger des Staates sollen überall hinfahren können, ohne von Extremisten belästigt zu werden.

Das Angebot wird wahrgenommen. Zuerst waren es die Serben der Republika Srpska, die sich um die neuen Nummernschilder kümmerten. Wer sie nicht hatte, durfte nicht mehr nach Jugoslawien einreisen. Serben aus der Umgebung Sarajevos, selbst aus der Karadžić- Hochburg Pale, fahren wieder in die Stadt. Auch die Muslime haben sich von den Vorzügen überzeugen lassen. Vertriebene besuchen ihre Häuser und die Friedhöfe in ihren Heimatdörfern und Städten. Selbst die widerspenstigen Kroaten der Westherzegowina haben sich gefügt. Denn ohne die neuen Schilder dürfen sie nicht mehr nach Kroatien einreisen.

Auch das vor einer Woche eingeführte neue Geld hat sich bewährt. Mit der „konvertiblen Mark“ werden die Währungen Bosnischer Dinar (muslimisch kontrollierte Gebiete), Serbischer Dinar ( serbisch kontrollierte Gebiete) und Kuna ( kroatisch kontrollierte Gebiete) ersetzt. Die an die Deutsche Mark gekoppelte neue Währung wird überall akzeptiert, ähnlich wie die DM selbst. Das Wechselgeld besteht weiterhin oft aus deutschen Münzen. Erich Rathfelder