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Globalisierter Klassenkampf

Auf der Suche nach billigen Arbeitskräften wurden britische Reeder im vorigen Jahrhundert vor allem in den Ländern Skandinaviens fündig. Folglich war es Charles Lindley, ein schwedischer Seemann mit einem englisch klingenden Namen und schlechten Erfahrungen bei der britischen Handelsmarine, der 1896 die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) mitbegründete und über die nächsten Jahrzehnte maßgeblich prägte.

Heute hat die ITF, ein Zusammenschluß von 400 Transportarbeitergewerkschaften, über fünf Millionen Mitglieder in über einhundert Ländern – darunter Eisenbahner, Lkw-Fahrer, Hafenarbeiter, Piloten und Seeleute.

Der Kampf gegen Billigflaggenschiffe wurde vor genau fünfzig Jahren auf dem ITF-Kongreß 1948 in Oslo ausgerufen. Mit einem internationalen Boykott von Schiffen unter panamaischer oder honduranischer Flagge durch die Hafenarbeiter wollte man das System der sogenannten offenen Register ausschalten.

Doch mit Ausnahme einiger europäischer und amerikanischer Hafengewerkschaften verpuffte der Aufruf in den folgenden Jahren. Erst Anfang der siebziger Jahre kam die Kampagne auf Drängen der ITF-Mitglieder Schweden und Finnland sowie der australischen und britischen Hafenarbeiter wieder in Schwung.

Mit Hilfe von Boykottaktionen und den ersten ITF-Inspektoren konnten für Seeleute auf Billigflaggenschiffen über 400 ITF- Musterkollektivverträge abgeschlossen und über zwei Millionen Pfund an Heuernachzahlungen durchgesetzt werden.

Inzwischen ist die Zahl der ITF- Tarifverträge für Billigflaggenschiffe auf über 4.000 gestiegen. Zu diesem Erfolg hat vor allem die Expansion der ITF nach dem Fall des Eisernen Vorhangs beigetragen: Innerhalb weniger Jahre war ein Großteil der osteuropäischen Seeleute- und Hafenarbeitergewerkschaften der ITF beigetreten.

Auf internationaler politischer Ebene konnte die ITF in den siebziger Jahren einen großen Erfolg verbuchen: Mit dem Übereinkommen 147 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der UNO wurde Küstenstaaten das Recht eingeräumt, Schiffe ohne Rücksicht auf die Herkunft ihrer Flagge auf soziale und sicherheitstechnische Standards zu überprüfen.

Eine Ächtung des Billigflaggensystems durch die UNO konnte hingegen bislang nicht durchgesetzt werden.

Anläßlich des fünfzigjährigen Bestehens der Kampagne gegen Billigflaggen will die ITF in diesem Jahr mit einem eigenen Schiff Häfen in aller Welt ansteuern, um Informations-und Aufklärungsarbeit zu betreiben.

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