: EU will Verkehrsgebühren harmonisieren
■ Kommission schlägt ein Gebührensystem für alle EU-Mitglieder vor, das die Kosten für Umwelt, Straßenbau und Gesundheit einbezieht
Brüssel (taz) – Die Europäische Kommission macht einen neuen Anlauf, um die Kosten für den Güterverkehr auf Straße und Schiene gerechter zu verteilen. In einem sogenannten Weißbuch schlägt sie ein Gebührensystem vor, das die Kosten für Umwelt, Straßenbau und Gesundheitswesen einbezieht. Im Kern läuft es darauf hinaus, daß der Gütertransport auf der Straße teurer und auf der Schiene billiger werden soll.
Mit dem Weißbuch legt die EU- Kommission ein Konzept vor, nachdem sie ihre künftigen Gesetzentwürfe zur Verkehrspolitik gestalten will. Die konkreten Entscheidungen liegen dann zwar bei den nationalen Regierungen im Ministerrat, doch die EU-Kommission kann mit ihren Vorschlägen den Rahmen bestimmen, in dem die Minister diskutieren.
EU-Verkehrskommissar Neil Kinnock möchte als erstes die verschiedenen Straßengebühren durch ein einheitliches System kilometerabhängiger Abgaben ersetzen. Alle Lkw sollen mit elektronischen Fahrtenschreibern ausgestattet werden, anhand derer die Gebühren errechnet werden sollen. Dadurch würden die Wettbewerbsverzerrungen ausgeschaltet, hofft Kinnock. Wer mehr fährt, nutzt die Straßen stärker ab und verursacht mehr Umweltschäden, egal ob es sich um einen in- oder ausländischen Spediteur handelt.
Zur Zeit kassieren einige Länder über Autobahngebühren ab, andere über Jahresgebühren (Vignetten) und alle zusammen noch einmal über Kfz-Steuern, die um bis zu 6.000 Mark pro Jahr variieren. Dieses Durcheinander erschwert nicht nur Kostenvergleiche zwischen Straße und Bahn, es hat sich auch als besonders resistent gegen die Einbeziehung der Umwelt- und Straßenbaukosten erwiesen, weil die Verkehrsminister Nachteile für die eigenen Spediteure befürchten. Kinnock geht offensichtlich davon aus, daß bei einem europaweit einheitlichen Abgabensystem die Angst der Verkehrminister leichter zu überwinden ist.
Sein Vorschlag versucht geschickt, die üblichen Widerstände in den Regierungen gegen eine Bevorzugung der Bahn zu umlaufen. Auch auf der Schiene müßten die externen Kosten einfließen. Während aber jeder zusätzliche Lastwagen weitere Umweltkosten verursacht, geschieht das bei einem zusätzlichen Güterwagen nicht unbedingt. Außerdem müssen die Bahnen, anders als die Lkw-Spediteure, seit jeher auch die Aufwendungen für Bau und Instandhaltung der Schienenwege in die Transportkosten einrechnen. Was Kinnock meint, aber nicht laut sagen will: Die Straße soll teurer werden, die Schiene wettbewerbsfähiger. Alois Berger
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