: Rambos filzen für saubere Hauptstadt
■ Mit einem Großaufgebot riegelten gestern die BVG und die Polizei den U-Bahnhof Kurfürstenstraße ab. Kontrolliert wurde in der U-Bahn und im "kriminellen Milieu" auf der Potsdamer Straße. Überprüft wurd
Wie Maßnahmen für das „saubere Berlin“ in der Hauptstadt und insbesondere im Regierungsviertel in Zukunft aussehen sollen, demonstrierten gestern Polizei und BVG. Bei einem gemeinsamen Einsatz im Bereich Kurfürstenstraße/Potsdamer Straße und auf dem dazugehörigen U-Bahnhof der Linie 1 kontrollierten über 50 Beamte die Fahrscheine fast aller U-Bahn-Fahrgäste. Personen, die von den Polizeibeamten des Drogenhandels verdächtigt wurden, mußten ihre Ausweise und Taschen vorzeigen.
Als Begründung für die Aktion mußte herhalten, daß der Bereich Kurfürstenstraße als „gefährlicher Ort“ und „Kriminalitätsbrennpunkt“ gilt. Der Leiter des Polizeiabschnitts 34 in Moabit betonte zudem, es handele sich um eine Gegend, auf die als Regierungsviertel in Zukunft nicht nur Deutschland und Europa schauten, sondern die im „Weltlicht“ stehe.
Der Einsatz um 15.30 Uhr trug komische Züge: Beamte in Zivil betraten den Bahnsteig. Sie trugen kurze Hosen, den Schlagstock im Gürtel, und einer hatte eine Mütze auf, die für den vierten Teil des legänderen Rambo-Polizisten-Films „Lethal Weapon“ warb. Bei der Überprüfung der Personen fielen ebenfalls filmreife Worte. Eine junge Frau, die die Beamten überzeugen konnte, daß sie sich in einem Methadon-Programm befinde, wurde mit den Worten weggeschickt: „Beweg deinen Arsch hier raus, und laß dich nicht mehr blicken.“ Dann bezogen auch die uniformierten Beamten Stellungen. Sonnenbrillenbewehrt sicherten sie die Eingänge, auf dem Bahnsteig kontrollierten sie die Personen, die in das „Schema Drogenhändler passen“, wie ein Beamter es formulierte. Zwei junge ausländisch aussehende Menschen, die er gerade angehalten und nach ihren Ausweisen gefragt hatte, gehörten für ihn dazu nach dem Motto „Jugendlich, ausländisch und lustlos über den Bahnhof schlendern“. Als der Beamte von der Überprüfung der Ausweise zurückkam, durften die beiden gehen – weil sie weder im Fahndungscomputer noch Ausländer waren, wie der Beamte zugeben mußte. Der lapidare Kommentar der beiden danach: „Das sind Arschlöcher, das passiert mir öfter, weil ich ausländisch aussehe.“ Während die BVG-Beamten die Fahrscheine im U-Bahnhof kontrollierten, begaben sich die Beamten auf der Straße zu Streifengängen.
Der Bereich Kurfürstenstraße ist bereits seit längerem beliebtes Objekt für Polizei und BVG. Bei vorangegangenen kleineren Kontrollen stellten die Verkehrsbetriebe eine Schwarzfahrerquote von 20 Prozent unter den über 1.800 kontrollierten Personen fest. Nach Angaben der Polizei ist der „Kriminalitätsbrennpunkt“ schon seit Jahren ein Problem. Die Klientel des sich „dort aufhaltenden Drogen- und Prostitutionsmilieus“ beeinflusse die „Lebensqualität“ in der Gegend „erheblich“, heißt es in einer Erklärung.
Sowohl Polizei als auch BVG wollten die gemeinsame Aktion gestern als beispielhaft verstanden wissen. Bereits heute würden „bis zu einmal in der Woche“ derartige Schwerpunktkontrollen von der BVG alleine durchgeführt, wie BVG-Pressesprecher Klaus Wazlak mitteilte. Mittlerweile sei man allerdings „wieder kurz davor, ganze Bahnhöfe abzuriegeln“ und die Polizei im Umfeld Kontrollen durchführen zu lassen. Tobias Singelnstein
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