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Regenzeit in der Türkei

■ Ein Reisevermittler mit Sitz in Bremen verspricht Reisegewinne, bei denen man richtig draufzahlt / Branchenkenner warnen vehement vor unklaren Angeboten

„Von November bis Februar erwischt man in der Türkei nicht viele sonnige Tage“, sagt Tanja Behring vom Deutschen Reisebüro in Bremen. Da würden Hotels am Golf von Antalya zu leeren Strandburgen. Insofern überrasche es nicht, daß der Bremer Jan T. ausgerechnet jetzt von dem Gewinn eines Flugs im November in die Türkei benachrichtigt wurde – obwohl der Mittvierziger sich an die Teilnahme an einem Preisrätsel nicht erinnert. „Ich würde sowas nie mitmachen“, warnt die Reisebürokauffrau – wie übrigens auch Verbraucherschützer landauf, landab – vor der Inanspruchnahme eines derartigen „Gewinnes“. „Die Reisen kommen am Ende meist teurer als eine regulär gebuchte Reise“, weiß sie blindlings. Auch habe man als Gewinner nicht wirklich Rechte gegenüber dem Reiseveranstalter, anders als zahlende Kunden.

Schon ein erster oberflächlicher Check der Unterlagen, die die Bremer Gewinnversprecherfirma Geo-Media-Reisen mutmaßlichen ReisegewinnerInnen und deren mitreisewilligen Bekannten aushändigt, belegt die Bedenken der Fachfrau. Wer den Flug als Einzelgewinner wahrnimmt, soll einen Einzelzimmerzuschlag von 42 bis 115 Mark pro Nacht zahlen. Begründung: „Aus versicherungstechnischen Gründen“ sei die Zusammenlegung zweier Gewinner im Doppelzimmer nicht möglich. Fazit: Auf den alleinreisenden „Gewinner“ kommen Übernachtungskosten bis zu 800 Mark zu. Unklar bleibt außerdem, ob das Frühstück in der versprochenen „8tägigen wunderschönen Flugreise“ enthalten ist. Denn was der Veranstalter als „unsere Leistungen“ anpreist – vom Begrüßungs-Cocktail über die deutschsprachige Reiseleitung bis zum gesetzlich vorgeschrieben Sicherungsschein – dürfen vorsichtige ReisegewinnerInnen nicht auf sich beziehen. Die „Gewinn-Urkunde“, im Stil einer Seite im Versandhausprospekt, ist auf einer Extraseite gedruckt. Unzweifelhaft ist nur eins: „Grundsätzlich wird bei jeder Buchung (auch bei der Gewinnerbuchung also, d. Red.) eine Bearbeitungsgebühr von 98 Mark erhoben.

Diesem Kostendilemma, so scheint's auf den ersten Blick, entkommen nur solche GewinnerInnen, die sich ReisepartnerInnen mitbringen. Denen verspricht der Anbieter, übrigens mit der Bremer Agenturadresse An der Weide 26, einen Aufenthalt zum Frühbucherrabatt für „nur“ 898 Mark.

„Im November ist es da unten noch schön“, verspricht die Mitarbeiterin der Preisverleiher-Agentur, Frau Oldenburger. Bei Bremer Reisebüros schüttelt man auch darüber den Kopf. „Eine Woche im türkischen Vier-Sterne Hotel mit Halbpension gibts um die Jahreszeit regulär ab 500 Mark“. ede

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