: Besorgniserregende Zunahme rechter Gewalt
■ Innenverwaltung: Rechtsextremismus vor allem für Jugendliche aus den Trabantensiedlungen attraktiv. Die Verwaltung setzt auf Jugendprogramme, doch der Haushalt setzt Grenzen
Als besorgniserregend hat Innenstaatssekrätär Kuno Böse (CDU) die Zunahme rechtsextremistischer Gewalt bezeichnet. Die Zahl derartiger Delikte stieg 1997 im Vergleich zum Vorjahr um fast 60 Prozent auf 52. Überproportional stieg die Zahl der fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten. Auch Straftaten antisemitischer oder neonazistischer Art haben zugenommen. Dies geht aus der Antwort Böses auf eine parlamentarische Anfrage der PDS-Angeordneten Margrit Bart hervor, die gestern veröffentlicht wurde.
Zwar hält die Innenverwaltung die Zahl der aktiv Rechtsextremen mit 2.475 insgesamt für gering. Rechtextremistisches Gedankengut und Verhalten sei aber zunehmend in Teile der Jugendkultur eingedrungen. So bestehen rechte Gruppierungen überwiegend aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen. 88 Prozent der Tatverdächtigen waren jünger als 30 Jahre.
In Ostberlin ist der Rechtsextremismus wesentlich stärker verwurzelt als im Westteil der Stadt. Während 1997 in Westberlin zehn Gewalttaten mit tatsächlicher oder vermuteter rechtsextremistischer Motivation verzeichnet wurden, waren es im Osten 42, davon alleine zehn in Lichtenberg. Hier liegt auch der lokale Schwerpunkt der gewaltbereiten Skinheadszene. Allein neun Stützpunkte der Glatzen sind nach Angaben der Innenverwaltung in Lichtenberg bekannt. Weitere sechs gibt es in Prenzlauer Berg. Neonazistische Kameradschaften haben ihren Schwerpunkt in Treptow. Auffällig sei, so Böse, die Konzentration junger Rechtsextremisten in Trabantensiedlungen ohne Sozial- und Gemeinschaftseinrichtungen.
Bei Jugendlichen zeigten vor allem Texte rechtsextremistischer Bands große Wirkung, da Stimmungen und Einstellungen der Jugendlichen sich lediglich in Schlagworten widerspiegelten. Den zahlreichen rechtsextremen Zeitschriften mißt die Innenverwaltung weniger Bedeutung zu. Problematischer sei die zunehmende Kommunikation über das Internet. So sei die elektronische Ausgabe der „Berlin-Brandenburger Zeitung der nationalen Erneuerung“ der bundesweit führende Informationsdienst der Neonazis.
Neben der Bekämpfung des Rechtsextremismus durch polizeiliche Maßnahmen setzt Böse vor allem auf Sozialprogramme. So habe das Programm „Jugend mit Zukunft“ schlimmere Entwicklungen verhindern können. Das gelte es „zu sichern und auszubauen“. Doch diesen Wünschen seien zur Zeit „haushaltsmäßige Grenzen gesetzt“. Gereon Asmuth
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