: Doping-Ärzte müssen zahlen
■ Berliner Landgericht verurteilt zwei Ärzte und einen Trainer, die DDR-Schwimmerinnen Anabolika verabreichten, zu Geldstrafen. Nebenklägerin Karen König: Führungsriege bestrafen
Berlin (rtr) – Nach jahrelangen Ermittlungen sind gestern erstmals ehemalige Verantwortliche des DDR-Sports wegen systematischen Dopings verurteilt worden. Das Berliner Landgericht verhängte gegen zwei Ärzte und einen Schwimmtrainer des Sportvereins TSC Berlin Geldstrafen zwischen 7.000 und 27.000 Mark.
Die Vergabe von Anabolika zur Leistungssteigerung wertete die 12. Große Strafkammer als Körperverletzung. „Bereits durch die medizinisch nicht indizierte Vergabe von Oral-Turinabol ist der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt“, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Warnatsch.
Über schädliche Nebenwirkungen durch die Verabreichung von Anabolika an minderjährige Schwimmerinnen habe die Kammer keine Feststellungen getroffen, hieß es im Urteil. Auch sei nicht festgestellt worden, daß den Mädchen männliche Hormone gespritzt worden seien. Alle Angeklagten verzichteten auf Revision. Damit ist das Urteil, das im wesentlichen den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung entsprach, rechtskräftig.
Die mit 27.000 Mark höchste Strafe verhängte das Gericht gegen den früheren stellvertretenden Chefarzt Ulrich Sünder. Wie der einst für die medizinische Betreuung der Leistungssportler beim TSC zuständige Sünder wurde auch die Ärztin Dorit Rösler wegen Beihilfe zur Körperverletzung schuldig gesprochen. Die 50jährige muß eine Geldstrafe von 7.200 Mark zahlen. Gegen den Ex-Trainer Peter Mattonet erging eine Geldstrafe von 7.000 Mark wegen Körperverletzung. Das Verfahren gegen zwei weitere Trainer des Turn- und Sportclubs (TSC) Berlin war zuvor gegen Zahlung von Geldbußen in Höhe von 3.000 und 7.500 Mark eingestellt worden.
„Für die Angeklagten sprachen ihre Geständnisse und ihre Entschuldigungen gegenüber den Opfern“, sagte Warnatsch im Urteil. Wegen der umfangreichen Aussagen der Angeklagten konnte dieser zweite Prozeß um das Dopen im DDR-Sport vor dem seit März laufenden Pilotprozeß abgeschlossen werden. „Die Ärzte und Trainer waren in ein System der staatlich angeordneten Kriminalität eingebunden“, zählte der Richter als entlastende Gesichtspunkte auf.
Die als Nebenklägerin im Prozeß anwesende Ex-Schwimmerin Karen König sagte nach der Urteilsverkündung, sie hoffe, daß „auf der nächsten Ebene weiterverhandelt wird“. Nach der Verhandlung gegen die unterste Riege der Verantwortlichen müsse gegen die Führungsebene wie den DDR- Sportchef Manfred Ewald vorgegangen werden.
Kommentar Seite 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen