piwik no script img

Prozeß der Produzenten

Wie der Frankfurter Rapper Moses Pelham plötzlich um 50.000 Mark ärmer ist und was Richter von Musik verstehen  ■ Von Eberhard Spohd

Die Stirn, die Stefan Raab das Nasenbein zertrümmerte, ist mächtig breit. Wenn man sich dann noch vorstellt, daß der massige Körper von Moses Pelham auf ihn stürzte, kann man sich vorstellen, wie der spiddelige Viva-Moderator litt – damals, im März vergangenen Jahres, bei der Verleihung des Echo-Musikpreises, als der Rapper des Rödelheim Hartreim Projektes, der „Bastard Moses P.“, den Fernsehstar schlagkräftig darauf aufmerksam machte, daß einige seiner satirisch gemeinten „Späße“ (Raab) ihm gar nicht behagten.

„Sie bringen doch einiges auf die Waage?“ fragte denn auch der Richter beim gestrigen Strafprozeß nach. „Ich habe mich gestern gewogen“, bekannte Moses nicht ohne Stolz, „119 Kilo.“ Auch auf seinen Beruf hatte man sich schnell geeinigt: „Produzent“ gab der Musiker an. „Aber Sie singen doch auch“, sagte der Richter. Milde lächelnd erklärte Moses P., daß er erstens rappe, nicht singe – „Ach so, dieses monotone schnelle Sprechen“ – und außerdem mehr Tonträger produziere als selber bespiele.

Auf die Bitte, den Hergang in der besagten Nacht zu schildern, mußte der Rapper dann weiter ausholen. „Raab hat mich ein Jahr lang in seiner Sendung Vivasion immer wieder angegriffen. Da hat mich schon meine Mutter drauf angesprochen, was da eigentlich los sei.“ Das ließ der Richter nicht gelten: „Sie sehen nicht gerade aus wie ein Muttersöhnchen. Was so ein richtiger Chabbo ist, der steht doch da drüber“, zeigte er, daß er sich durchaus mit dem Macker-Vokabular des deutschen HipHop vertraut gemacht hatte. Moses jedoch fühlte sich „als Opfer und vergewaltigt“, und als dann während eines Gespräches Raab auch noch zu ihm gesagt habe, „als Neger mit dem Namen bist du es doch gewohnt, verfolgt zu werden“, sei er ausgerastet: „Ich wollte nur noch, daß der damit aufhört.“

Raab, der als Berufe Moderator, Musikproduzent und Metzger angab („Einigen wir uns auf Produzent“, so der Richter), bestritt diese Aussage vehement: „Das ist eine infame Lüge. Wenn er das weiter behauptet, klage ich nochmal gegen ihn.“ Seiner Meinung nach schlug der Rödelheimer „wie aus dem Nichts, ohne Vorankündigung oder Drohung“ zu. Auch Zeugen wie André Luth von der Hamburger Plattenfirma Yo Mama (Beruf: Tonträgerhersteller; Richter: „Einigen wir uns auf Produzent, das klingt am besten“), nahmen im Vorfeld der Prügelei keinen Streit wahr.

Sein Racheakt kommt Moses P. nun teuer zu stehen. 10.000 Mark Schmerzensgeld muß er Raab bezahlen, der die Summe einer musiktherapeutischen Einrichtung spenden will. Dazu kommen noch 40.000 Mark Bußgeld, die ebenfalls für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Sobald das Geld überwiesen ist, wird das Verfahren eingestellt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen