: Kampfansage an die Unita
Angolas Rebellen verlieren ihre Sitze in Regierung und Parlament, weil sie sich nicht an den Friedensprozeß halten. Nun droht eine Fortsetzung des Bürgerkriegs ■ Von Dominic Johnson
Berlin (taz) – Angolas Regierung hat die Vertreter der Rebellenbewegung „Unita“ in der von der ehemals sozialistischen MPLA dominierten Regierung und dem Parlament ihrer Ämter enthoben. Damit ist der langsame Prozeß der politischen Annäherung zwischen den langjährigen Bürgerkriegsgegnern gestoppt. „Indem sie wieder zu den Waffen gegriffen hat, hat Unita die Verfassung von Angola, das Parteiengesetz und das Lusaka-Protokoll [Friedensabkommen von 1994 zur Beendigung des angolanischen Bürgerkrieges, d.Red.] verletzt“, hieß es in einer regierungsamtlichen Erklärung am Montag abend. „Daher informiert die angolanische Regierung hiermit die angolanische und internationale Gemeinschaft, daß sie beschlossen hat, ab Mitternacht am 1. September Unita-Amtsträger von Posten in der Regierung der Nationalen Einheit und Versöhnung zu suspendieren, bis Unita ihren Standpunkt zum Friedensprozeß klärt.“ Die Suspendierung gelte auch für die siebzig Parlamentsabgeordneten der Unita. Die von Jonas Savimbi geführte Bewegung stellt seit 1997 auf dem Papier vier Minister und sieben Vizeminister.
In der Erklärung hieß es weiter, die Regierung rufe „das Volk dazu auf, ruhig und wachsam zu bleiben und nichts zu unternehmen, das den Geist der nationalen Versöhnung untergraben könnte“. Die Sicherheitsorgane seien beauftragt, „ihre Anstrengungen, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung sicherzustellen, zu verdoppeln“.
Das bedeutet freie Hand für das Militär, gegen Unita-Stellungen vorzugehen. Die Rebellenbewegung hält trotz des Friedensabkommens von 1994 immer noch bis zu 30.000 Kämpfer unter Waffen. In den letzten Monaten hat sie viele ihrer alten Bürgerkriegsstellungen wiederaufgenommen und damit mehrere hunderttausend Menschen in die Flucht getrieben. Bereits Ende Juli billigte Angolas Parlament mit den Stimmen der MPLA militärische Operationen gegen die Rebellen. Die Regierung setzte daraufhin der Unita eine Frist bis zum 31. August, die von ihr kontrollierten Stellungen zu räumen. Die Unita ließ das Ultimatum verstreichen.
Während die Frist lief, marschierte Angolas Armee mit 2.000 bis 3.000 Elitekämpfern im benachbarten Kongo ein, rettete das dortige Regime von Laurent Kabila vor kongolesischen Rebellen und sicherte sich zugleich ein strategisch wichtiges Stück Land jenseits der angolanisch-kongolesischen Grenze, das die Unita-Gebiete im Norden Angolas von möglichen Nachschubwegen abschneidet. Die Kämpfe im Kongo haben zu einer faktischen Annäherung zwischen Unita und den kongolesischen Rebellen geführt, was Angolas Regierung jetzt nutzen kann, um gegen beide gleichzeitig zu kämpfen.
Internationale Kritik bräuchte Angolas Regierung bei einer neuen Kriegsrunde nicht zu fürchten. Erst am 25. August forderte der UN-Sicherheitsrat die Unita auf, ihre „Verzögerungstaktik“ zu beenden, woraufhin die Rebellenbewegung ihre Zusammenarbeit mit der von der UNO zur Begleitung des Friedensprozesses beauftragten Troika aus den USA, Rußland und Portugal aufkündigte.
Handlungsfähig ist die UNO in Angola ohnehin nicht mehr, seit der allseits geschätzte UN-Sonderbeauftragte Alioune Blondin Beye Ende Juni bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Am vergangenen Freitag traf endlich ein neuer Sonderbeauftragter ein: Issa Diallo aus Guinea. Er blieb gerade mal ein Wochenende und fuhr dann nach Südafrika.
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