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„Republikaner“ dürfen sich mit Wahlspots blamieren

■ Gericht: Sat.1 muß Werbung der Partei senden. Aber wer glaubt schon deren Parole, daß Adenauer † (CDU) und Schumacher † (SPD) heute die Reps wählen würden?

Berlin (taz/AP) – Wahlspots der rechten „Republikaner“ müssen ausgestrahlt werden. Dies hat gestern das Landgericht Mainz beschlossen. Die Richter erließen eine einstweilige Verfügung gegen den Privatsender Sat.1. Dieser hatte sich geweigert, einen 30sekündigen Werbespot der Reps zu senden. In dem Spot heißt es: „Konrad Adenauer und Kurt Schumacher würden heute Republikaner wählen.“ Diese Aussage verletze den Persönlichkeitsschutz der toten Politiker, hatte Sat.1 reklamiert.

Bereits am Montag hatte das Berliner Verwaltungsgericht entschieden, daß die Reps nicht mehr als rechtsextreme Partei vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürfen. In sieben anderen Bundesländern stehen die Reps weiterhin unter Beobachtung. In Bayern wollen sie, so der dortige Landeschef Johann Gärtner, notfalls gegen die Observierung klagen.

Die Mainzer Richter stützen sich in ihrem Beschluß auf die obergerichtliche Rechtsprechung. Danach müssen Werbespots von zugelassenen Parteien grundsätzlich ausgestrahlt werden, auch wenn sie nicht der politischen Auffassung der Sender entsprechen. Sat.1 bedauerte gestern, zum Ausstrahlen des Spots gezwungen worden zu sein. Die geringen Einnahmen, die der Sender von den Reps dafür erhält, sollen einer Vereinigung zugute kommen, die sich um Opfer rechter Gewalt kümmert.

Schon zur vergangenen Bundestagswahl hatten die Privatkanäle RTL und Sat.1 versucht, den Reps das Grundrecht auf Meinungsäußerung zu verbieten. In mehreren Prozessen wurden die Privaten von rechtsradikalen Gruppen zur Ausstrahlung der Spots gezwungen. Bereits damals postulierte Sat.1-Chef Jürgen Doetz „Keine rechte Kohle für die Sender“ und spendete die Einnahmen. Linke Kohle wollen die Privatsender auch nicht. Am liebsten würden sie gar keine Wahlwerbung ausstrahlen. In Berlin etwa lehnt der Rundfunksender Hundert,6 noch alle Spots von PDS, DVU, NPD und Reps mit dem Hinweis ab, der Verfassungsschutz stufe alle drei Parteien gleichermaßen als extremistisch ein.

Nach einer Umfrage des Hessischen Rundfunks sagen 92 Prozent der WählerInnen, sie würden sich ohnehin nicht von Spots beeinflussen lassen. Zuschauer der öffentlich-rechtlichen Sender werden von der Adenauer-Schumacher-Verunglimpfung verschont. Hier senden die Reps zwar Spots, die eineinhalb Minuten dauern, in ihnen wehe jedoch hauptsächlich die Deutschlandfahne als Symbol der Freiheitsbewegung, sagte ein Rep-Sprecher zur taz. Annette Rogalla Aktuelles Seite 2

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