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Drohgebärde Irans an die Taliban

■ Teherans Generäle lassen an der Grenze zu Afghanistan Truppen aufmarschieren. Die dortigen Machthaber halten Iraner als Geiseln fest

Berlin (taz) – Irans Staatsführung läßt die Panzer rollen. 70.000 Revolutionsgardisten und sogenannte Freiwillige (Bassidschi) trainieren derzeit 50 Kilometer von der Grenze zu Afghanistan für den Krieg. Ausgerüstet sind sie mit Panzern, Kampfflugzeugen und Mittelstreckenraketen. Auf einem Gebiet von 600 Quadratkilometern exerzieren sie das größte Militärmanöver im Iran seit der Islamischen Revolution 1979. Von der Militärführung in Teheran heißt es, die Soldaten würden einen 40 Kilometer tiefen Vorstoß in das Nachbarland simulieren.

„Jedes Manöver hat eine Botschaft“, bemerkt die englischsprachige Zeitung Tehran News – und die geht eindeutig an die afghanischen Taliban. Die ultraislamistischen „Koranschüler“ hatten am 8. August die nordafghanische Provinzhauptstadt Masar-e Scharif erobert, die letzte Hochburg der vom Iran und von Rußland unterstützen Anti-Taliban-Allianz. Nach Angaben aus Teheran fielen den Taliban dabei 78 Iraner in die Hände, die nun als Geiseln gehalten würden. Zuvor war von 47 die Rede gewesen: elf Diplomaten, ein Journalist und 35 Lkw-Fahrer.

Auch die Taliban sorgen für Verwirrung um Zahl und Schicksal der Iraner. Zuerst erklärte der geistliche Führer der Truppe, Mullah Mohammad Omar, er habe keine Ahnung, was mit ihnen passiert sei. Dann sagte er, möglicherweise seien sie getötet worden. Gestern schließlich bot er die Auslieferung von drei iranischen Lkw- Fahrern an – als Geste des guten Willens. Zuvor hatten die Taliban am Dienstag die Vereinten Nationen um Vermittlung in dem Konflikt gebeten. Der Aufmarsch der iranischen Truppen an der Grenze „unter dem Vorwand eines Manövers“ sei eine „große Gefahr für die Stabilität in der Region und in der Welt“, sagte ihr Vertreter bei der UNO in New York.

Beobachter hatten befürchtet, das Manöver könnte Ausgangspunkt für eine iranische Kommandoaktion in Afghanistan sein, um die Festgehaltenen zu befreien. Irans früherer Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani hatte bereits in der vergangenen Woche gewarnt, Iran könnte Gewalt anwenden, um seine Bürger zu befreien.

Die Taliban schlagen zumindest verbal zurück. „Wir hoffen, daß die iranischen Militärs ihr Manöver auf iranisches Gebiet beschränken“, hieß es am Dienstag aus ihrem Außenministerium in Kabul. Anderenfalls würden „die Flammen dieses Feuers bis Isfahan reichen“. Jedem, der vorhabe, „die heiligen Grenzen des Islamischen Iran zu verletzen, werden die tapferen bewaffneten Söhne unserer Nation die Hände abhacken“, hielt Irans oberster Revolutionsgardist, Jahja Rahim Safawi, dagegen. Gestern erklärte er, Soldaten und Ausrüstung würde auch nach dem dreitägigen Manöver in der Grenzregion stationiert bleiben.

„Aschura 3“ haben Irans Feldherren den Aufmarsch an der Grenze getauft. Aschura nennen die Schiiten jenen Tag, an dem im Jahr 680 in der Schlacht von Kerbala der Prophetenenkel Hussain von seinen sunnitischen Widersachern niedergemetzelt wurde. Alljährlich wird im Iran diesem schiitischen Schlüsselereignis mit Selbstgeißelungen gedacht. Die Namensgebung ist auch ein Signal an die sunnitischen Taliban, die Anspruch auf die reine islamische Lehre erheben, so wie einst revoluzzende Kleriker im Iran.

Die iranische Demonstration der Stärke richtet sich noch an ein anderes Publikum. „Staaten außerhalb der Region haben die Taliban provoziert, iranische Bürger und Diplomaten zu entführen“, heißt es in Iran News, und weiter: „Die Angelegenheit wird klarer, wenn wir sehen, daß wir in einer Zeit leben, in der die USA und Israel in verschiedenen Teilen der Welt militärische Kooperationen eingehen.“

Tatsächlich ist Pakistan – der wichtigste Unterstützer der Taliban – ein enger Verbündeter der USA. Taliban-Gegner behaupten zudem, die Ultraislamisten seien zumindest in ihrer Gründungsphase von der CIA finanziert worden. Thomas Dreger

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