: Günther Krauses Tagessätze sind gezählt
■ Einst einte des Kanzlers ostdeutscher Musterschüler Deutschland, dann prellte er die Sozialkassen: Verkehrsminister a.D. Günther Krause wurde gestern in Berlin zu 10.800 Mark Strafe verurteilt
Berlin (taz) – Es war keine hohe Strafe, die das Berliner Amtsgericht Tiergarten gestern verhängte: 90 Tagessätze zu 120 Mark macht zwar zusammen 10.800 Mark. Doch trotzdem kam Prof. Dr. Günther Krause, Firmenchef, Bundesverkehrsminister a.D. und ehemaliger CDU-Chef in Mecklenburg-Vorpommern, glimpflich davon, denn Strafen bis zu 90 Tagessätzen werden nicht ins polizeiliche Führunszeugnis eingetragen. Und nicht vorbestraft zu sein, ist wichtig für Krause, denn er will noch etwas erreichen im Leben.
Dabei war er schon mal ganz oben. Als parlamentarischer Staatssektretär im Amt des ersten frei gewählten Ministerpräsidenten der DDR leitete Krause 1990 die Verhandlungen über den Einigungsvertrag. Der Bauingineur und Informatiker aus Mecklenburg-Vorpommern war auf ostdeutscher Seite der Architekt dieses Vertrages. Danach wurde er bekannt als umtriebiger Verkehrsminister – und durch seine Affären. Am medienwirksamsten war die Enthüllung, daß Krauses Ehefrau eine Putzfrau angestellt hatte, die zu 70 Prozent vom Arbeitsamt bezahlt worden war. Im Mai 1993 trat Minister Krause zurück. Dies sei kein vollständiger Rückzug aus der Politik, betonte Krause schon damals: „Wenn ich gebraucht werde, stehe ich auch weiterhin zur Verfügung.“
Doch die Jahre vergingen, und keiner rief ihn. Die CDU verlor im Osten unaufhaltsam an Boden, und niemand erinnerte sich an den in den fünf neuen Ländern einst so populären Krause. In Mecklenburg-Vorpommern, wo er den Landesverband mitgründete, ist die Union gerade dabei, die Macht an eine Koalition aus SPD und PDS zu verlieren. Aber bei Krause holt sich niemand Rat.
Da muß der Ex-Minister eben allein antreten. Gegen den Willen der Parteiführung. Als Direktkandidat für den Bundestag in einem Rostocker Wahlkreis. Bis zur Wahl am 27. September muß deshalb alles geklärt sein im Leben von Günther Krause. Am vergangenen Montag wurde er von seiner Frau geschieden.
Damit endlich alles geklärt wird, hat Krause auch seinen Anwalt beauftragt, gestern vor dem Amtsgericht so etwas wie ein Geständnis abzulegen. Ja, er habe zwischen 1996 und 1998 erst verspätet die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung von sechs seiner Angestellten überwiesen. „Massive Geldnot“ seines Unternehmens „Aufbau Investitionen“ sei die Ursache gewesen. Günther Krause selbst konnte nicht zur Verhandlung nach Berlin kommern. Er macht Wahlkampf. Robin Alexander
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