Auf die Posten kommt es an

■ SPD-Personalpolitik: Dieses Thema gibt es offiziell gar nicht. Doch unterderhand werden bereits kräftig Posten verschoben. Mancher Minister in spe wird noch im Abseits landen, andere müssen ihrem Lieblingsressort Lebwohl sagen

Bei der SPD ist Feuer unterm Dach. Zum einen dreht sich das Personalkarussell für die künftige Regierung Schröder. Zum anderen hat die Entscheidung des Vorstands, das Parteipräsidium mit den am Freitag beginnenden Koalitionsgesprächen zu betrauen, für Zündstoff gesorgt. In der Fraktion wurde dies als taktischer Fehler bezeichnet.

Der Beschluß des Parteivorstands hat zur Folge, daß die Präsidiumsmitglieder Rudolf Dreßler und Wolfgang Thierse die Verhandlungen führen – und nicht die als Minister vorgesehenen Walter Riester und Rolf Schwanitz. In der Fraktion wurde kritisiert, daß es weder Dreßler noch Riester klarzumachen sei, daß der eine die Verhandlungen führen und der andere die Ergebnisse umsetzen müsse. Erschwerend kommt das Verhältnis zwischen Dreßler und Riester hinzu: Dreßler, der sich selbst Hoffnungen auf den Ministerjob gemacht hatte, hat in letzter Zeit bisweilen unterschiedliche Positionen zu Riester durchblicken lassen.

Auch Schröder, hieß es, könne es nicht recht sein, daß solche Präsidiumsmitglieder Verhandlungen führten, die er selbst als Ministerkandidaten ausgebootet habe, wie Wolfgang Thierse und Heidemarie Wieczorek-Zeul.

Die Entscheidung war dadurch ausgelöst worden, daß die Grünen zu elft in die Koalitionsverhandlungen gehen wollen. Die SPD habe daher eine ähnlich hohe Zahl benennen müssen. Parteichef Oskar Lafontaine schlug deshalb das 13köpfige Präsidium vor. Wie es hieß, habe Schröder möglicherweise die Konsequenzen nicht sofort überblickt und zugestimmt, weil er keinen anderen Vorschlag parat gehabt habe.

Auch der Parteizentrale ist die Entscheidung nicht ganz geheuer. Wie es hieß, werde daran gedacht, Arbeitsgruppen zu bilden, an denen auch die Ministerkandidaten beteiligt werden könnten.

Derweil blühen die Spekulationen um Ministerposten. Es hat den Anschein, als könnte Edelgard Bulmahn, die vorläufig für die Bereiche Umwelt, Bildung und Technologie vorgesehen war, ihren Job nicht antreten. Wie es hieß, habe Schröder Frau Bulmahn heftig kritisiert, weil sie zusammen mit dem Abgeordneten Michael Müller, der dem linken Flügel der SPD zugerechnet wird, ein Konzept geschrieben habe. Sinngemäß soll Schröder gesagt haben, wer mit dem Müller Papiere schreibe, habe keinen Platz im Kabinett.

Gegen Edelgard Bulmahn sprechen auch Überlegungen, den Seiteneinsteiger Jost Stollmann nicht zum Minister für Wirtschaft, sondern für Zukunft und Technologie zu machen. Für Bulmahn bliebe dann nur noch der Bereich Umwelt übrig – und den könnten die Grünen beanspruchen. Vor einigen Wochen hatte Stollmann in Berlin ausgeplaudert, er sei als Minister für Wirtschaft, Technologie und Zukunft vorgesehen. Schröder bestätigte das, kam dann aber später nie mehr darauf zurück. Gestern sagte Schröder, daß Stollmann ein Ministeramt erhalte, ließ aber offen, welches er meinte. In Partei und Fraktion würde es lieber gesehen, wenn der ohnehin umstrittene Stollmann nicht Wirtschaftsminister würde.

Immer deutlicher zeichnet sich auch ab, daß Parteichef Lafontaine nicht als SPD-Fraktionsvorsitzender fungieren wird. Offenbar strebt er das Amt des Finanzministers sowie zusätzlich die Zuständigkeit für Europa an. Scharping könnte dann doch Fraktionsvorsitzender bleiben, was auch Gerhard Schröder recht sein müßte. Der künftige Kanzler und der Parteichef betonen zwar unablässig, es passe kein Blatt Papier zwischen sie, aber das gilt nur für das Atmosphärische und für die Geschlossenheit nach außen hin. Inhaltlich steht Scharping Schröder etwa bei der Steuerpolitik wesentlich näher. Scharping möchte ohnehin am liebsten Fraktionsvorsitzender bleiben. Vor der Bundestagswahl hieß es aus seinem Umfeld, wenn Lafontaine Fraktionschef werden wolle, müsse er darum kämpfen.

Scharping ist allerdings noch als Verteidigungsminister im Gespräch. Für dieses Amt hätte die SPD keine Alternative, die sich aufdrängt. Und ein grüner Verteidigungsminister kommt nicht in Frage. In diesem Fall könnte sich der parlamentarische Geschäftsführer, Peter Struck, Hoffnungen auf den Job des Franktionschefs machen. Markus Franz, Bonn