: Francesco Saverio Borrelli verläßt „Saubere Hände“
■ Italiens profiliertester Anti-Korruptions-Ermittler will Staatsanwalt von Mailand werden
Rom (taz) – Seine größte Enttäuschung? „Daß Antonio di Pietro das Handtuch geworfen hat.“ Der seiner Meinung nach beste Justizminister der letzten zehn Jahre? „Der derzeitige, mein großer Freund Gianni Maria Flick.“ Seine mögliche Ernennung zum Generalstaatsanwalt von Mailand fällt just auf den Geburtstag Silvio Berlusconis. „Silvio wer?“
In nie gezeigter Heiterkeit beantwortet Francesco Saverio Borrelli die Fragen der Journalisten, nachdem klar ist, daß er die Leitung der Anti-Korruptions-Kommission „Mani pulite“ (Saubere Hände) abgeben will. Er bewirbt sich um den Posten des Generalstaatanwaltes von Mailand.
Obwohl sein ehemaliger stellvertretender Staatsanwalt Antonio di Pietro, mittlerweile in der Politik und an der Spitze einer neuen Formation namens „Italien der Werte“, die Treppe des Sozialprestiges wesentlich weiter hinaufgeklettert ist als er, gilt Borrelli als die historisch wichtigere Figur. Er war es, der um sich eine Gruppe furchtloser junger Ermittler scharte. Er war es, der seinen Kopf hinhielt, um seine Mitstreiter aus der Feuerzone der gebeutelten Politiker und Manager zu nehmen. Und er war es, der in den schwierigsten Situationen die Mittel fand, die Strafverfolgung weiterzutreiben. Gegen mehr als 4.000 meist hochrangige Politiker und Schmiergeldzahler wurde alleine in Mailand ermmittelt, an die 3.000 davon standen oder stehen noch vor Gericht, darunter der Medientycoon und ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der frühere Vorsitzende der Sozialisten und zweimalige Regierungschef Bettino Craxi, der vor kurzem in den Ruhestand getretene Generalbevollmächtigte des Fiat-Konzerns, Cesare Romiti. Eine ganze Elite stürzte unter Borrellis Ermittlungen in sich zusammen. Ein gutes Dutzend Beschuldigter brachte sich um.
Nun will Borrelli weg von „Saubere Hände“. Nachfolger wird sein Stellvertreter Gerardo D'Ambrosio. So manchem scheint es allerdings bedenklich, daß Borrelli nun in Fällen Anklagevertreter ist, die er vorher als Ermittlungsrichter eingeleitet hat. Ein Gesetz schließt aus, daß ein und derselbe Jurist denselben Angeklagten zweimal unter seinen „Kunden“ hat. Doch Borrelli, international eine der führenden Persönlichkeiten im Strafverfahrensrecht, wäre nicht Borrelli, hätte er sich einen leichteren Posten ausgesucht. Werner Raith
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