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Hungern für eine neue Ausländerpolitik

■ Ein Fünftel der Häftlinge im Abschiebeknast Grünau sind seit Donnerstag im Hungerstreik. Sie fordern eine andere Flüchtlingspolitik der neuen Bundesregierung. Landeskriminalamt bat den grünen Abgeord

Von den rund 350 Häftlingen im Abschiebegewahrsam Grünau sind vorgestern 68 in einen Hungerstreik getreten. Das bestätigte der Sprecher der Innenverwaltung, Martin Sturnden, der taz. Die Häftlinge drücken damit, so Sturnden, ihre Hoffnung auf eine andere Ausländerpolitik der neuen Bundesregierung und der Europäischen Union aus. Zur Durchsetzung ihrer Forderung verlangten die Gefangenen ein Gespräch mit einem Abgeordneten der Grünen. Norbert Schellberg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, berichtete der taz, das Landeskriminalamt habe ihn gestern nachmittag um Vermittlung gebeten. Schellberg fuhr daraufhin nach Grünau.

Nach Informationen der Initiative gegen Abschiebehaft ist der Hungerstreik auf zehn Tage befristet. Die Häftlinge würden während dieser Zeit auch die Vorführung zu Haftprüfungsterminen beim Amtsgericht Schöneberg und zu diplomatischen Vertretungen ihrer Herkunftsstaaten zur Paß- und Visabeschaffung verweigern. Die Hungerstreikenden werden nach Angaben der Innenverwaltung einmal pro Tag ärztlich versorgt.

In den vergangenen elf Monaten hatte es im Grünauer Gewahrsam drei Hungerstreiks von jeweils einzelnen Häftlingen gegeben. Die Forderungen hatten von kürzeren Haftzeiten über bessere Anstaltskost und mehr Freigang bis hin zu einem Abschiebestopp in die Türkei gereicht. Die jetzige Verweigerung der Nahrungsaufnahme würde, so Olaf Liebig von der Initiative gegen Abschiebehaft, erstmals alle Etagen in beiden Gebäuden erfassen und von politisch sehr erfahrenen Häftlingen organisiert. Liebig liegen Berichte von Insassen vor, nach denen sogar mehr als die Hälfte der Häftlinge die Nahrungsaufnahme verweigern sollen.

Der ausländerpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Ismail Kosan, hält den Protest für berechtigt. Kosan erwartet von einer rot- grünen Bundesregierung, falls diese auf Abschiebungen nicht verzichten will, eine deutliche Verkürzung der Haftzeiten im Abschiebegewahrsam: „Die Novellierungen des Asylverfahrensgesetzes, nach denen viele Asylverfahren aus der Haft betrieben werden müssen, gehören rückgängig gemacht. Wer Asyl beantragt, gehört nicht weggesperrt.“

Wegen dieser Regelungen ist der Grünauer Knast ständig nahezu voll belegt. Im Januar mußte der alte Abschiebegewahrsam in der Kruppstraße saniert und wieder zusätzlich in Betrieb genommen werden. Kosan fordert zudem, in der Koalitionsvereinbarung für die neue Bundesregierung Altfallregelungen für geduldete Flüchtlinge festzuschreiben.

Auch der SPD-Ausländerpolitiker Eckehardt Barthel fordert eine Altfallregelung „für konkret zu definierende Gruppen von Flüchtlingen, etwa für allein eingereiste Jugendliche“. Asylantragsteller aus der Haft zu entlassen, hält Barthel aber „zumindest generell nicht für sinnvoll. Diese Regelung wurde ja erst eingeführt, weil einige untergetaucht sind.“ Marina Mai

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