■ Mit Handys auf du und du: Mobiles Kopfweh
Berlin (taz) – Als sich Mobiltelefone 1995 langsam in Norwegen und Schweden ausbreiteten, häuften sich die Beschwerden der Nutzer: Sie klagten über Kopfschmerzen, Hitzegefühle am Ohr und Unwohlsein während der Gespräche am Handy. Grund genug für das schwedische Nationale Institut für Arbeitsleben (Arbetslivinstitutet) und das norwegische Sintef-Institut für eine großangelegte Umfrage – mit überraschendem Ergebnis: In Schweden klagten 13 Prozent, in Norwegen sogar 30 Prozent aller antwortenden Mobiltelefonierer über Müdigkeit, Kopfweh, Wärmegefühl hinter oder am Ohr oder Hautbrennen.
Während bislang eher das Krebsrisiko von elektromagnetischen Strahlen aus Handys diskutiert und untersucht wurde, geben die skandinavischen Studien erstmals Hinweise auf Befindensstörungen. Die Ergebnisse sind statistisch eindeutig: Durchweg wuchs die Häufigkeit der angegebenen Symptome mit der Dauer des Telefonierens. So klagen etwa schwedische Dauertelefonierer (mehr als eine Stunde pro Tag) achtmal häufiger über ein Wärmegefühl als Wenigtelefonierer (höchstens eine Viertelstunde am Tag) und doppelt so oft über Kopfweh.
3 Prozent in Norwegen und 5 Prozent in Schweden berichteten außerdem über Probleme an Augen, Ohren, Nacken oder über Hautkribbeln. Die Autoren der Studien untersuchten auch, ob die Symptome häufiger bei Mobiltelefonen mit digitaler Sendetechnik (wie bei den Netzen D1, D2 und E-plus) oder mit analoger (wie beim C-Netz) auftreten. Entgegen ihrer Annahme, die gepulsten digitalen Strahlen würden mehr Probleme machen als die anologen, fanden die Wissenschaftler kaum Unterschiede.
Trotz ihrer statistisch klaren Ergebnisse schränken die Autoren ein, daß die gemeldeten Symptome nicht notwendig auf den Sendestrahlen beruhen müssen. So seien analoge Verbindungen oft durch Rauschen beeinträchtigt, und bei digitalen Netzen werde immer wieder das Gespräch kurz unterbrochen; „diese akkustischen Störungen könnten Streß auslösen und dadurch indirekt Symptome wie Kopfschmerz und Müdigkeit auslösen“. Weitere Studien, die diese Möglichkeit ausschlössen, seien daher erforderlich, schließen die Autoren mit dem Standardsatz der Wissenschaft.
Trotzdem: Die Datengrundlage der Studien ist beeindruckend, auf 17.000 Anfragen kamen über 12.000 Fragebögen zurück, die ausgewertet werden konnten. Außerdem schlossen die Forscher mit Fragen über die Selbsteinschätzung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Teilnehmer aus, den Angaben von eingebildeten Kranken aufzusitzen. urb
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