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Fünf oder 25 Jahre Laufzeit?

AKW-Betreiber brachten ihre Geschütze in Stellung und warten auf die Konsensgespräche zum Atomausstieg. Konkrete Zahlen werden zurückgehalten  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – „Wir werden offen in diese Konsensgespräche gehen“, meinte RWE-Energiechef Roland Farnung. Was bleibt den Betreibern der Atomkraftwerke auch übrig, nachdem die Atomaufsicht in Bonn künftig bei den Grünen und nicht mehr bei Angela Merkel liegt. Merkel selbst riet schließlich zur Offenheit.

Was sich die Stromkonzerne unter Offenheit vorstellen, konkretisierte dann letzte Woche der Chef der Viag AG aus München, Wilhelm Simson: „Wir könnten eine Laufzeit von 35 bis 40 Jahren gegenüber den Aktionären vertreten. Weniger wäre blanke Kapitalvernichtung.“ Und von der Viag- Tochter Bayernwerk ist auch die Höhe eventueller Schadenersatzansprüche mit „dreistelliger Milliardensumme“ angegeben worden.

Auf die Anfrage, diese Summe doch einmal genauer zu erläutern, hieß es allerdings nur, man wolle sich derzeit angesichts der anstehenden Konsensgespräche mit der neuen Bundesregierung nicht äußern. Die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), der Lobbyverein der Strombranche, legte schon 1994 die Latte sehr hoch: „Die Stromkunden müßten in der Zeit ab 1999 bis zum Ablauf der 40jährigen Nutzungsdauer aller Kernkraftwerke zusätzlich mindestens 238 Milliarden Mark aufbringen, um den Ausstieg zu finanzieren.“ Dabei liegt allerdings keineswegs der Sofortausstieg zugrunde, sondern eine Laufzeit von immer noch 25 Jahren. Die ältesten derzeit noch betriebenen Meiler wie Biblis A oder Stade gingen Mitte der 70er Jahre ans Netz.

Die wirklichen Kosten sind schwer festzustellen – schließlich geben die Betreiber keinen Einblick in die genauen Betriebskosten. Die nuklearen Anlagen werden innnerhalb von 19 Jahren abgeschrieben. Dann müssen nur noch die Betriebskosten von den sprudelnden Gewinnen abgezogen werden. Die RWE gibt an, daß im Vergleich zu AKW die Brennstoffkosten jedes konventionellen Kraftwerks wie Kohle oder Gas um 350 bis 500 Millionen Mark pro Jahr höher liegen.

Unabhängige Experten wie Hans-Joachim Ziesing, Abteilungsleiter Energie beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, weisen darauf hin, daß der Vergleich der Betriebskosten schwierig ist: „Eine Bilanz hängt vor allem vom künftigen Gaspreis ab.“ Denn die derzeit billigsten Kraftwerke sind Gas- und Dampfturbinen-Generatoren. „Die Kosten für ein solches GuD- Kraftwerk liegen derzeit bei etwa sechs Pfennig pro Kilowattstunde“, so Ziesing. AKW hingegen hätten Brennstoffkosten von zwei bis 2,5 Pfennig pro Kilowattstunde plus Ausgaben für Personal und Sicherheitsnachrüstungen. Wenn der Gaspreis weiter sinken sollte, können Gasgeneratoren sogar biliger werden als bereits gebaute AKW.

Bei einer wirksamen Energiesparpolitik müßten auch keineswegs alle derzeitigen AKW-Kapazitäten ersetzt werden. Von den geringen Energiesteuern, die letzte Woche in Bonn bei den Koalitionsverhandlungen vereinbart wurden, geht allerdings auf absehbare Zeit kein nennenswerter Druck zum Stromsparen aus.

Ein ganz anderer Aspekt ist, ob die Schadenersatzforderungen überhaupt Rechtens sind. Zwar wurden die AKW ohne eine Laufzeitbefristung genehmigt. Doch das geschah zu Zeiten gesicherter Monopole. Die hohen Baupreise für die Meiler wurden samt üppiger Rückstellungen in die Strompreise eingerechnet und so von den Verbrauchern eigentlich schon bezahlt. Haben nun die privaten Aktiengesellschaften einen Anspruch auf eine staatlich garantierte Maximierung ihrer Profite?

Ein Rechtsgutachten für das hessische Umweltminsterium zum Thema haben die Professoren Alexander Roßnagel und Gerhard Roller erstellt. Sie kommen zum Schluß, daß der Gesetzgeber sehr wohl nachträglich in bestandskräftige Betriebsgenehmigungen von AKW eingreifen kann – auch ohne Entschädigungen zu zahlen. Für diesen Fall verlange das Bundesverfassungsgericht allerdings „angemessene Übergangsfristen“. Der hessische Umweltstaatssekretär Rainer Baake hatte deshalb in den grünen Ausstiegsentwurf ursprünglich eine Schonfrist von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eingearbeitet.

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