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Geld heiratet Macht

■ In Isabel Kreitz' Comic „Waffenhändler“ mischen sich Waffenschmuggel und Hochfinanz im Hamburg der Nachkriegszeit

Ganz in Grautönen ist der neue Comic „Waffenhändler“ von Isabel Kreitz gehalten. Die Farbe scheint zur Atmosphäre der letzten Kriegstage und der frühen Nachkriegszeit zu passen. Kreitz, „Deutschlands beste Comiczeichnerin“ (Die Woche), läßt ihre Geschichte allerdings in einem bereits wieder normalisierten Hamburg beginnen. Es gibt eine neue, betuchte Oberschicht, und die feiert eine Hochzeit. Geld heiratet Macht.

Zur gleichen Zeit gehen in den Kreisen kleinerer Waffenhändler, die die algerische Unabhängigkeitsbewegung beliefern, mehrere Sprengsätze hoch. Eine finstere Geschichte über gesellschaftlichen Aufstieg, menschliche Rücksichtslosigkeit und das Zusammenspiel wirtschaftlicher und politischer Interessen nimmt ihren Lauf.

Man muß diesen Comic schon mehrmals lesen, die Geschichte ist sehr lakonisch erzählt, doch dabei immer ziemlich hintergründig und vielschichtig. Manchmal ist es auch gar nicht so einfach, die männlichen Personen auseinanderzuhalten – feist und grobschlächtig, manchmal zu blaß wirken die meisten von ihnen. Allein die Hauptperson, eine junge Adelige, gewinnt mehr Gestalt, wenngleich ihr wahres Wesen und ihre Motive rätselhaft bleiben. In Rückblenden erzählt Kreitz deren Odyssee von der Memel bis nach Hamburg. Das Auftauchen der russischen Soldaten, die Liaison mit einem Offizier, die ersten Schwarzmarktgeschäfte, der Aufstieg in die Hochfinanz. Sie beißt sich durch, rücksichtslos und schlau, doch andere, sehr viel miesere Gestalten haben ihr noch einiges voraus.

Am Ende der Geschichte haben alte Seilschaften triumphiert: die Ermittlungen werden auf Geheiß der Politik eingestellt, die Pressefreiheit kurzerhand ausgeschaltet. Faszinierend beleuchtet Kreitz den Aufstieg einer Reihe von kriminellen Gestalten, die über Leichen gehen und im Zuge eines günstigen politischen Rückenwindes weder zu stoppen noch zu beseitigen sind. Keine nette Geschichte zwar, aber gut gemacht, ebenso erzählt und eben gar nicht fern der damaligen Realität, in den Jahren nach dem Krieg. Nicht Schwarz, nicht Weiß, sondern irgendwie diffuses Grau ... Udo Angerstein

Isabel Kreitz: „Waffenhändler“. Carlsen-Verlag, 19,90 DM

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