Teilerfolg

■ Nahost-Gipfel: Der palästinensische Staat ist nur noch eine Frage der Zeit

Ein großer Durchbruch ist das Abkommen nicht, ein kleiner aber sehr wohl. Israels Ministerpräsident Netanjahu hat zugesagt, weiteres palästinensisches Land zu räumen. Nach dem Hebron-Abkommen ist dies der zweite Rückzug des Likud- Chefs. Dafür wird ihn die Opposition abstrafen. Neuwahlen, aus denen Netanjahu als großer Sieger hervorgeht, sind wahrscheinlich. Denn 80 Prozent der Israelis unterstützen ein Abkommen mit den Palästinensern. Die rechte Opposition gegen Netanjahu steht auf verlorenem Posten. Sie kann sich nur selbst schaden, wenn sie Netanjahu zu Fall bringen wird.

Doch an einem sollte kein Zweifel herrschen. Ideologisch steht Netanjahu den Rechten näher, als es die Ergebnisse von Maryland vermuten lassen. Auch er betrachtet die palästinensischen Gebiete als von Gott gegebenes Land, dessen Preisgabe er nur unter politischem Druck in Kauf nimmt. Das weiß auch die Rechte, und dafür liebt sie ihn.

Die Palästinenser haben in Maryland einen Coup gelandet. Ihre maßvolle Haltung und volle Zustimmung zu den US- amerikanischen Vorschlägen ist durchaus gewürdigt worden. Dies muß sich nicht morgen auszahlen, ist auf Dauer aber nicht zu übersehen. Mit der Freilassung palästinensischer Gefangener und der Übergabe von Land in drei Monaten hat Arafat sein Ansehen bei der eigenen Bevölkerung gestärkt. Die Überzeugung, daß er doch Ergebnisse erzielen kann, wird all jene Palästinenser beflügeln, die in den Genuß des israelischen Abzugs kommen, die nun ihr Land bestellen und bauen dürfen. Das ist in Palästina keine Selbstverständlichkeit.

Es ist nicht die erneute Annullierung der palästinensischen Charta, die Jassir Arafat unter Druck setzt. Das bereits überholte und durch den Nationalrat annullierte Dokument ist längst Geschichte. Der springende Punkt ist der Kampf gegen den islamischen Fundamentalismus. Arafats Möglichkeiten sind hier beschränkt. Und das nicht nur, weil Hamas vielen palästinensischen Familien die einzige soziale Sicherheit bietet. Den Terror, der mit israelischen Siedlungsbauten, Häuserzerstörungen und Landenteignungen einhergeht, kann die Autonomiebehörde nicht klaglos hinnehmen. Das aber hat die israelische Seite auch in Wye Plantation nicht begriffen. Und hierfür wird sie Lehrgeld zahlen müssen, mit oder nach Arafat. Der palästinensische Staat ist jedenfalls nur noch eine Frage der Zeit. Georg Baltissen