: Sympathien für Pinochet
■ Chefankläger des Madrider Sondergerichts will Verfahren gegen den Ex-Diktator stoppen
Madrid (taz) – Eduardo Fungairino erntet dieser Tage alles andere als Lob. Der Chefankläger an der Madrider Audiencia Nacional, einem Sondergerichtshof für Terrorismus und Finanzverbrechen, sei „ein Fuchs im Hühnerstall“ und „eine Schande für die spanische Justiz“, lauten nur einige der Beschimpfungen, seit Fungairino Widerspruch gegen das Verfahren von Richter Baltasar Garzon gegen den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet eingelegt hat. Für Fungairino ist Garzon schlicht „nicht kompetent“. Und Chiles Diktatur sei nur „eine vorübergehende Suspendendierung der verfassungsmäßigen Ordnung gewesen, um die Unzulänglichkeiten dieser Ordnung zu beheben“.
Der an den Rollstuhl gefesselte Jurist machte schon als junger Staatsanwalt der Audiencia National aus seiner rechtslastigen Gesinnung keinen Hehl. Richter Garzon arbeitete dennoch jahrelang mit Fungairino zusammen. Sie verfolgten den Fall des schmutzigen Krieges der GAL gegen das ETA-Umfeld. Der ehemalige sozialistische Innenminister José Barrionuevo sitzt heute dafür hinter Gittern. Ex-Regierungschef Felipe González entging nur knapp einer Anklage. Doch als González bei den Wahlen 1996 nicht zuletzt wegen dem GAL-Skandal gegen den konservativen José Maria Aznar unterlag, verlor Fungairino über Nacht jegliches Interesse am Fall und behinderte die Ermittlungen.
Während Fungairino von seinem Chef abgestraft wurde, sorgte Aznar für eine Beförderung zum Abteilungsleiter. Der Rechtsaußen zeigte sich erkenntlich. Er beschuldigte er den Pressemagnaten Jesús Polanco der Veruntreuung von Geldern. Polanco verlegt mehrere kritische Publikation, darunter die Zeitung El Pais. Die Anklage erwies sich als haltlos. Das Verfahren wurde eingestellt. Der zuständige Richter ist mittlerweile selbst Ermittlungen ausgesetzt. Fungairino kam ungeschoren davon. Aznar beförderte ihn im Mai 1997 zum Chef der Staatsanwaltschaft der Audiencia Nacional, wo er bis heute sein Unwesen treibt. Reiner Wandler
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