Recyclen zu sozialen Preisen

Wurmkisten, Solarkocher und günstige Möbel aus zweiter Hand: 15 Jahre Nutzmüll e.V. in Altona  ■ Von Annette Weise

Rostari Massoud war eigentlich als Schreibkraft im Büro des Vereins Nutzmüll angestellt. Aber die zerlegten Kühlschränke müssen ihn inspiriert haben. Nun kann man von ihm Kunstwerke kaufen, die aus Teilen alter Möbel oder Haushaltskühlgeräte bestehen und im Recycling-Kaufhaus des Vereins erhältlich sind. Eine ähnlich kreative Verwertung haben die BastlerInnen aus den vereinseigenen Werkstätten für die Zahnkränze alter Fahrräder gefunden: Sie fertigen Kerzenleuchter aus ihnen.

Am Donnerstag feierte Nutzmüll ein dreifaches Jubiläum: sein fünfzehnjähriges Bestehen, zehn Jahre Recyclinghof Altona und fünf Jahre Entwicklungszusammenarbeit mit Gambia. „Im müll-skandalgebeutelten Hamburg der achtziger Jahre“ wurde der Verein als Entsorgungsalternative gegründet, erzählt Mitglied Dr. Karl Klöckner. Anfangs gab es nur das Abfallberatungsbüro, das mit wenigen Leuten betrieben wurde. Doch schnell kamen immer mehr Aktivitäten hinzu.

Im Hamburger Wurmkasten, einem Holzkomposter für den Balkon, verarbeiten kalifornische Würmer und Mikroorganismen innerhalb von acht Wochen organische Küchenabfälle zu Humus. „300 Stück pro Jahr verkaufen wir“, sagt Klöckner. Doch nicht nur die Verwertung organischer Abfälle steht auf dem Programm des Beschäftigungsträgers. Mit einer Absauganlage entfernen die MitarbeiterInnen die schädlichen Flurkohlenwasserstoffe aus Kühlschränken und anderen Kühlgeräten und zerlegen diese in ihre Einzelteile.

Vollholzmöbel, Stühle und Sofas werden kostenlos abgeholt und in der Tischlerwerkstatt oder Polsterei wieder aufgemöbelt. „Die Wartefristen betragen inzwischen zwei bis drei Wochen, bis wir die Möbel abholen können“, bedauert der Recycelprofi Klöckner. Die behandelten Möbel kann man günstig im Recycelkaufhaus erwerben. Zwischen 25 und 150 Mark bezahlt man für einen aufgearbeiteten Stuhl. „Wir machen auch soziale Preise“, sagt Klöckner. Das heißt, wer nicht so viel Geld hat, muß auch nicht so viel zahlen.

Das jüngste Projekt des Vereins besteht seit eineinhalb Jahren: Die „Recycelbar“ bildet mit dem Recycelkaufhaus eine Einheit. „Bisher besteht die Kundschaft aus Bekanntenkreis und Nachbarschaft“, sagt Klöckner, doch man strebe eine Integration in das neue Ortszentrum Bahrenfeld an.

Eine weitere Säule in der Arbeit des Vereins, der nicht nur ökologisch korrekte Wiederverwertung praktiziert, ist die sogenannte Entwicklungszusammenarbeit mit Gambia. Schreibmaschinen und Nähmaschinen oder Fahrräder werden gesammelt, wieder funktionsfähig gemacht und an Projekte in dem westafrikanischen Land verschenkt. Weitere Vorhaben wie zum Beispiel die Einführung von Solarkochern sind allerdings eher fragwürdig. Die aluminiumbewehrte Kochstation soll in Gambia die traditionellen Holzfeuer ablösen und damit die Wälder vor weiterer Abholzung schützen.

Doch schon die Verwendung wirft die ersten Probleme auf: Ab Einbruch der Dunkelheit kann auf der Sonnenkochstelle keine warme Mahlzeit mehr zubereitet werden. Auch die Herstellung vor Ort würde sich als schwierig erweisen: Für die energieintensive Bearbeitung des Aluminiums gibt es in Gambia keine Firma. „Ein paar Dinger stehen da unten schon rum“, meint Klöckner, „aber richtig ankommen tun sie in der Bevölkerung nicht.“

Nutzmüll e. V., Mendelssohn-

str. 13, Tel.: 890 31 11