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Bis zum Schluß Überdruß

Das Oberlandesgericht Frankfurt verkündet heute sein Urteil gegen Monika Haas. Der Prozeß um die Landshut-Entführung schleppte sich zweieinhalb Jahre dahin  ■ Von Heide Platen

Frankfurt/Main (taz) – Vor der 5. Großen Strafkammer des Frankfurter Oberlandesgerichts geht heute der Prozeß gegen Monika Haas zu Ende. „Endlich“, hatte die 50jährige Frankfurterin nach ihrem Schlußwort gesagt.

Zweieinhalb Jahre dauerte das Verfahren, in dem sie angeklagt war, im Oktober 1977 die Waffen für die Entführung der Lufthansa- Maschine „Landshut“ von Mallorca nach Mogadischu geliefert zu haben. Sie soll damals mit ihrer kleinen Tochter von Algier auf die Insel geflogen sein. Pistolen und Sprengstoff sollen, in Bonbondosen verpackt, im Kinderwagen versteckt gewesen sein. Haas hatte diese Vorwürfe immer wieder bestritten.

Mit großen Sicherheitsvorkehrungen hatte der Prozeß gegen die vermeintliche Top-Terroristin im Januar 1996 begonnen. Die Gefangene wurde gefesselt durch eine Phalanx bewaffneter Polizisten ins Gericht gebracht. Zur Urteilsverkündung wird sie, inzwischen freigelassen, mit der S-Bahn kommen.

Der Prozeß gegen Monika Haas ist vom ersten Tage an kein Ruhmesblatt der bundesdeutschen Justiz gewesen. Selten war ein Verfahren so verfahren. Der RAF- Prozeß sollte nach dem Willen der Bundesanwaltschaft letztes Mosaik-Steinchen zur Aufklärung der Landshut-Entführung sein.

Der Prozeß traf den Vorsitzenden Richter Erich Schieferstein kurz vor seiner Pensionierung wie ein Strafgericht. Schieferstein saß einer überalterten, in Terrorismusprozessen müde gewordenen Kammer vor. Mit Überdruß hörte er einer Angeklagten zu, die manchmal vehementer für ihre Rehabilitierung kämpfte als ihre Anwälte. Der hermetischen Richterbank stand eine Verteidigung gegenüber, die mit jedem sich dahinschleppenden, manchmal nur Minuten dauernden Verhandlungstag mehr und mehr in Resignation zu verfallen schien.

Immer wieder hatte Monika Haas gesagt, was nur wenige Deutsche von sich behaupten können: „Ich war noch nie auf Mallorca!“ Sie hatte in ihrem Schlußwort noch einmal betont, sie sei keine Anhängerin von Verschwörungstheorien, dennoch sei sie Manövriermasse der verschiedensten Geheimdienste geworden, seit sie die Bundesrepublik 1975 verlassen hatte. Als RAF-Sympathisantin war sie untergetaucht und in ein militärisches Ausbildungslager im Jemen gereist. Ihren Sohn Frank ließ sie bei Freunden in Deutschland zurück.

In der Wüste bei Aden verliebte sie sich in ihren Ausbilder, den PFLP-Offizier Zaki Helou. Die beiden heirateten. 1976 hatte sie einen gefährlichen Auftrag übernommen, war mit einer Nachricht für ein Terrorkommando nach Nairobi gereist. Dort wurde sie schon am Flughafen festgenommen, drei Tage lang verhört und dann laufengelassen.

Seither hielt sich in der PFLP, die die Ehe mit der Deutschen nicht billigte, hartnäckig das Gerücht, Haas sei vom israelischen Geheimdienst Mossad „umgedreht“ worden und arbeite zudem für bundesdeutsche Geheimdienste. Sie selbst sei damals zu dem Schluß gekommen, keine Kämpferin zu sein. So habe sie sich ins Privatleben zurückgezogen, ihren Sohn zu sich geholt und sei erneut schwanger geworden.

Zur Tatzeit sei ihre kleine Tochter nachweislich schwer krank gewesen. Es sei außerdem widersinnig, daß sie als Waffenkurierin eingesetzt worden sei, wo sie doch sowohl bei der PFLP wie bei der RAF unter Spitzelverdacht stand. Haas kehrte 1981 nach der Geburt ihres dritten Kindes nach Deutschland zurück.

Die Vorwürfe gegen sie waren Ende der 70er Jahre, lanciert von wem auch immer, in Stasi-Akten aufgetaucht und dienten der Anklage als Grundlage. Sie landeten zudem, wie auch immer, beim bundesdeutschen Verfassungsschutz, der vergeblich versuchte, Monika Haas zur Mitarbeit zu bewegen.

Im Zeugenstand qualifizierte der federführende EX-DDR-Geheimdienstler den Ordner dann zur Enttäuschung der Bundesanwaltschaft als minderwertiges, „zusammengesammeltes Zeug“ und „afrikanisches Gerede“ ab. Im Prozeß berief sich die Bundesanwaltschaft auch auf zwei Informanten, die so geheim waren, daß sie dem Gericht nicht genannt werden konnten. Säule der Anklage sollte außerdem auch die einzige überlebende Flugzeugentführerin Souhaila Andrawes werden. Sie war nach belastenden Aussagen gegen Haas aus Norwegen ausgeliefert und in Hamburg unter der Kronzeugenregelung zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Andrawes widerrief nach dem Urteil und weigerte sich, die Vorwürfe gegen Haas zu wiederholen.

Im Dilemma der bröckelnden Beweismittel präsentierte Bundesanwalt Volker Homann einen neuen Zeugen, den in Beirut als Mossad-Agenten verurteilten und einsitzenden Araber Said Ali Slim. Er habe zugegeben, Haas beim Waffentransport begleitet zu haben. Es blieb Haas vorbehalten, in eigener Recherche herauszufinden, daß der neue Zeuge ausgerechnet der Ex-Ehemann von Souhaila Andrawes war.

Vermutungen, Slim sei Mehrfachagent und Quelle deutscher Dienste gewesen, wies Bundesanwalt Homann entschieden von sich und forderte zehn Jahre Haft. Die Verteidigung beantragte Freispruch, weil nicht ein einziges der Beweismittel zur Verurteilung tauglich sei.

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