: Gleichheit vor der Kasse
■ Dokumentation: Die überhaupt nicht existierende „Interessengemeinschaft Bremer Lebensmittelmärkte“ spricht sich gegen Asyl-Card und Warengutschein-System aus
Bremer Supermärkte machen sich gemeinsam stark gegen die Einführung der Asyl-Card und von Warengutscheinen für Asylbewerber. Komisch – die Supermärkte (Comet, KAFU, REWE, Plus und Kaisers) wissen nichts davon. Mit „ihrem guten Namen“, so fordert ein Faltblatt in Bremer Supermärkten, sollen Supermarktkunden gegen die Einführung der Maßnahmen protestieren. Die Sozialbehörde dementiert, daß in Bremen Warengutscheine oder die Asyl-Card eingeführt werden sollen.
Mit Warengutscheinen müssen Asylbewerber ihre Lebensmittel in bestimmten Supermärkten kaufen. Auf der „Asyl-Card“ sollen Daten von Asylbewerbern gespeichert werden, damit Leistungen nicht doppelt beantragt werden. Wir dokumentieren den Aufruf der „IBL“.
Liebe Kundinnen und Kunden
Wie Sie vielleicht aus Presse und Fernsehen wissen, wurde in einigen Gemeinden und Städten ein Warengutscheinsystem für Asylbewerber eingeführt. Dies bedeutet, daß Asylbewerber kein Bargeld, sondern nur noch Gutscheine zum Erwerb von Lebensmitteln in speziellen Geschäften erhalten.
Diese Vorgehensweise ist zurecht in die Kritik geraten, wie wir meinen. Wir finden, daß diese gesonderte Form des Einkaufens demütigend und diskriminierend ist. Hier wir diesen Menschen, die sowieso sozial benachteiligt und ausgegrenzt sind, nun auch noch zugemutet, sich auch beim täglichen Einkauf im Supermarkt als unerwünschte Menschen zweiter Klasse zu fühlen.
Verehrte Kundinnen und Kunden, möchten auch Sie sich musternden und abschätzenden Bliccken ausgesetzt fühlen, wenn Sie ihre Ware an der Kasse bezahlen? Sicherlich nicht.
Deshalb sind wir im Einvernehmen mit allen Mitgliedern unseres Verbandes Interessengemeinschaft Bremer Lebensmittelmärkte zu der Entscheidung gekommen, ein solches geradezu rassistisches Warengutschensystem nicht zu akzeptieren. Auch einer sogenannten „Asyl-Card“, die sich wohl schon in Planung befindet und neben persönlichen Daten auch den Zahl-ungsverkehr speichern soll, stehen wir ablehnend gegenüber.
Unsere Unternehmen stehen in einer langen humanistischen Tradition. Verantwortung zur Wahrung der Menschenrechte und Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes gehören zu unseren erklärten Unternehmenszielen! (...)
In unseren Märkten finden Sie eine Vielfalt von Produkten aus aller Welt zu gewohnt niedrigen Preisen. Damit wir als Konzerne viel verdienen und Sie als Verbraucher wenig bezahlen, können wir den Erzeugern in den Herkunftsländern natürlich nur einen Bruchteil des eigentlichen Warenpreises als Lohn zahlen. Wenn aber dann ein Mensch aus diesen ausgebeuteten Ländern zu uns flüchtet, sollten wir ihn mit dem nötigen Respekt behandeln. Auch diese Menschen dürfen unserer Meinung nach mit der gleichen Freude am Einkaufserlebnis teilhaben wie diejenigen, die von ihrer mißlichen Lage profitieren.
Wenigstens vor der Bremer Supermarktkasse sollten wir alle gleich sein.
Wir hoffen inständig, auch in Ihrem Interesse gehandelt zu haben, denn das Wohl unserer Kunden bedeutet uns sehr viel. Wir möchten uns daher Ihrer Unterstützung versichern und appellieren an Sie, unsere Initiative mit ihrem guten Namen zu unterschreiben. Jetzt auch im Internet: www.IBL.Fake.de
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