Radcke will Parteichefin werden

Die Hamburgerin Antje Radcke kandidiert offiziell für den Posten der Vorstandssprecherin der Grünen. Die Partei hätte dann eine weibliche Doppelspitze  ■ Aus Hamburg Sven-Michael Veit

Die Unterstützung ihres eigenen Landesverbandes ist Antje Radcke sicher. Unter donnerndem Applaus gab die Vorstandssprecherin der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) auf der grünen Mitgliederversammlung am Sonnabend offiziell bekannt, daß sie für den Posten der Bundespartei-Sprecherin kandidiere. Eines ihrer vordringlichen Ziele, „sofern ich gewählt werde“, sei die Stärkung der Partei gegenüber den grünen Mandatsträgern in Bundestag und Bundesregierung, erklärte sie gegenüber der taz (siehe Interview).

Auf dem Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen von 11. bis 13. Dezember in Leipzig will die Parteilinke Nachfolgerin des Niedersachsen Jürgen Trittin werden, der vor einem Monat seinen Sprecherposten gegen den Sessel des Bundesumweltministers eingetauscht hat. Zusammen mit der ostdeutschen Reala Gunda Röstel, die für eine zweite Amtszeit kandidiert, würde Radcke die erste weibliche Doppelspitze der Bundespartei bilden. Das Mitglied des grünen Parteipräsidiums hatte in den vergangenen Tagen „sehr ermutigende Signale“ aus etlichen Landesverbänden und aus der Bundestagsfraktion erhalten. „Darauf“, sagt sie, „läßt sich aufbauen.“

Eine Gegenkandidatin ist nicht in Sicht, nachdem die nordrhein- westfälische Landesvorsitzende Barbara Steffens vor einer Woche erklärt hatte, nicht zu kandidieren. Und die Unterstützung des grünen Frauenrats, der nachdrücklich eine zweite Parteichefin als Gegengewicht zur männlichen Übermacht in der Bundesregierung gefordert hatte, ist der 38jährigen Literaturpädagogin ohnehin sicher.

Mit Radcke würde zum zweiten Mal eine Hamburgerin grüne Parteichefin. Von 1994 bis 1996 hatte Krista Sager diesen Posten inne. Die Oberreala wechselte nach einer Amtsperiode zurück an die Elbe, um als Spitzenkandidatin die GAL in eine rot-grüne Koalition zu führen und selbst Zweite Bürgermeisterin der Hansestadt zu werden. Aus der Tatsache, daß die GAL bei der Bürgerschaftswahl im September 1997 erneut das beste Wahlergebnis aller grünen Landesverbände einfuhr (13,7 Prozent), speist sich auch das Selbstbewußtsein der Hamburger Grünen: „Unsere Antje ist klasse, die wird das gut machen“, heißt es flügelübergreifend.

In den nächsten Tagen wird Radcke „noch diverse Gespräche“ führen. Es gebe ein paar Landesverbände, in denen sie noch nicht so bekannt sei, und das wolle sie ändern. Am Wochenende wird sie sich noch mal den eigenen Leuten präsentieren. Auf einem Treffen des „Babelsberger Kreises“, dem Gremium der Parteilinken, will sie ihre Positionen erläutern.