: Regierung wird verklagt
■ Jurist aus Münster zeigt Schröder, Fischer und Däubler-Gmelin wegen Öcalan an
Freiburg (taz) – Der Münsteraner Jurist Ren Schneider geht juristisch gegen die rot-grüne Bundesregierung vor. Der Verzicht auf ein Auslieferungsersuchen im Fall des PKK-Führers Öcalan stelle eine „Strafvereitelung im Amt“ und die „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ dar, meint Schneider. Auch wenn seine Strafanzeigen keinerlei Aussicht auf Erfolg haben, die türkische Presse berichtet groß über seine Aktivitäten.
„Es ist die Pflicht der ausführenden Gewalt, die Entscheidungen der rechtsprechenden Gewalt umzusetzen“, lautet Schneiders zentrales Argument. Der Haftbefehl des Bundesgerichtshofs gegen den in Italien festsitzenden PKK-Führer Öcalan hätte daher zwingend in ein Auslieferungsersuchen umgesetzt werden müssen. Mit dieser juristischen Ansicht steht Schneider allerdings allein. Allgemein wird angenommen, daß die Bundesregierung in dieser auch außenpolitisch relevanten Frage „Ermessens- und Handlungsspielraum“ besitze. Die rot-grüne Koalition hatte sich auf die Wahrung des Rechtsfriedens in Deutschland berufen und so ihre ablehnende Haltung gegenüber der italienischen Regierung begründet.
Politische Relevanz gewinnen Schneiders Aktivitäten nur durch das breite Echo, das sie in der türkischen Presse finden. So berichtete die Europa-Ausgabe des türkischen Massenblattes Hürriyet in einem vierspaltigen Artikel über die Strafanzeigen gegen Gerhard Schröder, Joschka Fischer und Herta Däubler-Gmelin. Gestern hat Schneider wegen des „Terrorismus“-Vorwurfs auch den Generalbundesanwalt in Karlsruhe eingeschaltet. Neue Schlagzeilen in der türkischen Presse sind ihm sicher.
Schneider ist Mitglied der Deutsch-Türkischen Gesellschaft in Münster, betont jedoch, daß er seine Aktivitäten „als Privatmann“ betreibe. Einen Durchschlag seines Schriftverkehrs bekommt allerdings jeweils der türkische Generalkonsul in Münster. Eine gewisse Berühmtheit hat der Jurist bisher durch sein „Institut für Hochschulrecht“ errungen, das landauf, landab Klagen gegen linke Studentenvertretungen initiiert, wenn diese politische Veranstaltungen durchführen. Christian Rath
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