piwik no script img

Preiskampf mit Ökoimage

Die Teekampagne lockt wieder mit Niedrigstpreisen. Konkurrenten werfen dem Billiganbieter unlauteren Wettbewerb vor. Doch das Geschäft läuft gut  ■ Aus Berlin Kathrin Gerewitz

Der Konkurrenzkampf auf dem deutschen Teemarkt ist groß. Allein an schwarzem Tee werden in der Bundesrepublik pro Jahr mehr als 18 Tonnen gekauft, gekocht und getrunken. Geht man davon aus, daß 100 Gramm Schwarztee etwa 60 Tassen ergeben, dann trinken die Deutschen jährlich mehr als eine Milliarde Tassen Tee.

Für Sabine Babendererde ist schwarzer Tee nicht nur eine private Vorliebe, sie hat die braunen Blättchen zum Geschäft gemacht und leitet die Berliner ProjektWerkstatt Teekampagne. Was zunächst wie ein ökologisch orientiertes, studentisches Projekt klingt, ist ein knallhart gemanagtes Unternehmen. „Marktwirtschaftliche Grundsätze stehen bei uns im Vordergrund“, so Babendererde. „Wir wollen ein möglichst günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis erreichen.“

Und das gelingt: Ein Kilo Darjeeling kostet bei der ProjektWerkstatt 36 Mark. Bei anderen Anbietern muß man diese Summe schon für reichlich 200 Gramm auf den Tisch legen. Den finanziellen Spielraum schafft sich die Teekampagne durch ein kostenminimiertes Vertriebssystem. Man verzichtet auf Zwischenhändler, auf eigene Läden, auf Lagerhallen und auf eine große Auswahl. Die Kunden wissen, daß sie bei der Teekampagne nur die Sorte „Darjeeling“ bekommen, und daß sie ihren Jahresvorrat auf einen Schlag einkaufen müssen. Denn gehandelt wird nur, solange der Vorrat reicht, normalerweise also von September bis März. Offenbar nehmen die Darjeeling-Liebhaber diese Unannehmlichkeiten gern in Kauf: In den vergangenen 14 Jahren hat sich der Kundenstamm der Teekampagne ständig vergrößert. Mittlerweile beziehen rund 140.000 Deutsche ihren Tee über die ProjektWerkstatt.

Wer allerdings meint, ein ökologisch besonders wertvolles Produkt zu erstehen, der irrt. Chemische Rückstände von Düngemitteln können im Tee durchaus enthalten sein. Kontrolleure stellen lediglich sicher, daß bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Die Zeitschrift Öko-Test hält den Tee zumindest für „empfehlenswert“ – andere Sorten im Test waren auch nicht besser.

Dennoch wird die Teekampagne von herkömmlichen Händlern immer wieder heftig attackiert. Auch der Deutsche Teeverband, eine Dachorganisation, in der 32 Unternehmen zusammengeschlossen sind, betrachtet die ProjektWerkstatt mit gemischten Gefühlen, vor allem wegen seiner aggressiven Werbung. Verbandschefin Gisela Panzer meint, „Wettbewerb ist gut, wenn er mit fairen Mitteln betrieben wird.“ Daran halte sich die Teekampagne nicht immer. Panzers Vorwürfe sind nicht aus der Luft gegriffen. Mehrfach schon wurde der ProjektWerkstatt per Gerichtsbeschluß verboten, mit „fairem Handel“ oder „100 Prozent Darjeeling“ zu werben.

Doch damit nicht genug, der Teeverband wirft der Kampagne auch fachliche Unkenntnis vor. „Darjeeling First Flush verliert nach einem halben Jahr seine charakteristischen Eigenschaften“, so Verbandschefin Panzer. Es sei also Unsinn, wenn die Teekampagne ihre Kunden auffordere, die Einkäufe ein Jahr lang zu lagern. Nach Ablauf dieser Frist habe man zwar noch schwarzen Tee in der Tasse, von einer Spezialität könne aber nicht mehr die Rede sein. Davon aber will die Teekampagne nichts wissen. „Unser Tee hält sich drei Jahre lang“, so Babendererde von der Teekampagne. Als Beleg führt sie das Kaufverhalten ihrer Kunden an: 90 Prozent von ihnen bestellen vier Kilo Tee auf einmal. Hochgerechnet sind das 2.400 Tassen. In einem halben Jahr ist diese Menge kaum zu schaffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen