: 1998: Aufsteiger und Aussteiger
Nach 111 rot-grünen Regierungstagen stolperte die erste: Am 1. März dieses Jahres trat Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) zurück. Tags zuvor hatte die taz hamburg ihre „Ehegatten-Affäre“ enthüllt. Die Senatorin hatte im August 1997 höchstselbst die bereits perfekte Vergabe eines Auftrages ihrer Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) an eine Hamburger Stiftung gestoppt: „Ein deutliches Nein – so nicht – meinerseits!“, lautete ihr inzwischen zu gewisser Berühmtheit gelangter Aktenvermerk. Kurz danach erhielt die Alida-Schmidt-Stiftung den Zuschlag für das millionenschwere Projekt. Deren Geschäftsführer ist rein zufällig Peter Fischer, der Gatte der Senatorin.
Der Rücktritt Fischer-Menzels ließ die jahrelang schlummernde Debatte um sozialdemokratischen Filz in der Hansestadt mit neuer Heftigkeit entbrennen. Im Mittelpunkt standen und stehen dabei die Seilschaften der SPD-Linken im Bezirk Nord. Seit fünfzehn Jahren wurde der Senatorenposten in der BAGS in diesem Klüngel weitergereicht; in der Behördenkantine des Hochhauses an der Hamburger Straße könnte jederzeit, so behaupten böse Zungen, zwischen Stammessen und Nachtisch mal eben eine Kreisdelegiertenkonferenz der Nord-SPD abgehalten werden.
Seit Juni untersucht deshalb ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuß (PUA) Verflechtungen und weitere Merkwürdigkeiten zwischen BAGS, Stiftungen, Trägern und sonstigen Vereinen, die ebenso zufällig wie ausschließlich von verdienten Genossen geführt werden. Bis zu seinem Abschlußbericht dürfte noch locker ein ganzes Jahr vergehen. Sven-Michael Veit
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen