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Bananenstreik auf Martinique

Kaum hat die Polizei die protestierenden Arbeiter aus dem Hafen getrieben, stehen sie wieder da: Mit gutem Timing fordern sie höhere Löhne von den Großgrundbesitzern  ■ Von Dorothea Hahn

Paris (taz) – Wenn die BananenarbeiterInnen auf der 8.000 Kilometer entfernten Karibikinsel Martinique in den Streik treten, erfahren die FranzösInnen erst einmal gar nichts davon. Erst als vier Wochen nach dem Beginn der Aktion am Dienstag bereits zum zweiten Mal die Polizei einschritt, um den Hafen von Fort-de-France von den Barrikaden zu räumen, horchten die Medien im „Mutterland“ auf. Aber auch das nur mit kurzen Vollzugsmeldungen. Anschließend gingen sie wieder zu den Berichten über die heimischen Arbeitsniederlegungen über, beispielsweise über die 30 MitarbeiterInnen des Arc de Triomphe, die Neueinstellungen verlangen.

Dabei ist die Banane auf Martinique der Broterwerb für rund 30.000 der 380.000 InselbewohnerInnen und damit neben dem Tourismus die Haupteinnahmequelle des französischen Überseegebietes. Zugleich steht sie für Paris im Mittelpunkt eines der ersten großen Politikthemen des neuen Jahres. Denn die Klage der USA gegen die Bananenverordnung der Europäische Union wird bereits am 12. Janaur bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf zum Thema. Sollte es dabei nicht zu einer Klärung kommen, drohen die USA für März 100prozentige Strafzölle für alle möglichen europäischen Artikel an. Die USA wenden sich gegen die garantierten Liefermengen der Bananen aus den Ex-Kolonien der Europäer in Afrika, der Karabik und den Pazifik-Staaten.

Auf Martinique hat der europäisch-US-amerikanische Bananenkrieg schon im Vorfeld spürbare Folgen gebracht. Der seit Jahren von den GroßgrundbesitzerInnen zugesagte 13. Monatslohn ist auch in diesem Jahr auf vielen Plantagen nicht gezahlt worden. Die normalen Löhne sind auf manchen Plantagen unter den gesetzlich festgelegten Mindestlohn gesunken.

Als alle Verhandlungsversuche scheiterten, riefen die Gewerkschaften gemeinsam zum Streik auf, um ihren Forderungen nach Lohnerhöhung Nachdruck zu geben. Am 21. fand ihre erste Demonstration in den Straßen von Fort-de-France statt. Seither haben sie Plantagen besetzt, kurzfristig Geiseln genommen und schließlich die Einfahrt zum Hafen besetzt. Am 19. Dezember unterbrachen die BananenarbeiterInnen ihre Hafenblockade. Doch nachdem sie am Verhandlungstisch auch drei Tage später nicht weitergekommen waren, bauten sie die Blockade zu Weihnachten wieder auf.

Das Jahresende ist für die Insel nicht nur touristisch, sondern auch in Handelsfragen ein Höhepunkt. Deswegen veranstalteten die am Verhandlungstisch sturen PlantagenbesitzerInnen zusammen mit TransporteurInnen am 18. Dezember eine Gegendemonstration auf Martinique. Ihr Ruf nach Beendigung des Streiks wurde gehört. Der Präfekt der Region, Dominique Bellion, übernahm die Verantwortung für die „Intervention, um die Freizügigkeit der Waren zu garantieren“.

Gelöst ist der Konflikt damit natürlich nicht. Erstens, weil der Hafen seit gestern wieder blockiert ist und sich dort nun mit Helmen, Schildern und Knüppeln bewaffnete CRS-Sonderpolizisten und Streikende gegenüberstehen. Und zweitens, weil die Sorge der ArbeiterInnen um eine Verschlechterung ihrer Lage heute noch größer ist als zu Beginn des Streiks.

Die Hoffnungen auf Martinique richten sich auf Paris. Frankreich wird in Europa von Spanien und Portugal unterstützt, die ihrerseits Bananenproduktionen zu akzeptablen sozialen Bedingungen zu verteidigen haben. Sein mächtigster Gegner ist Deutschland. Dort werden nicht nur mehr Bananen konsumiert werden als anderswo in Europa. Das Land ist zugleich die beste Verteidigerin der drei Multis DelMonte, Dole und Chiquita, die über 70 Prozent des Welt-Bananengeschäftes kontrollieren. Schon beim Abschluß der Römischen Verträge zur EWG-Gründung im Jahr 1957 gab es deswegen einen Streit. Damals ging der mit einem Komporomiß aus: Bonn setzte durch, daß die US-Bananenmultis zollfrei auf den deutschen Markt dürfen, und Frankreich erreichte Vorzugsbedingungen für seine Ex- und Noch-Kolonien.

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