: „Topas“ erschüttert Bonn
■ Der Ältestenrat des Bundestages soll die Zusammenarbeit der PDS-Fraktion mit dem Ex-Stasi-Agenten Rainer Rupp klären
Berlin (taz) – Der frühere DDR-Topagent Rainer Rupp ist offenbar immer noch gefährlich genug, um in Bonn für politischen Wirbel zu sorgen. Die geplante Arbeit des ehemaligen Nato-Spions mit dem Decknamen „Topas“ für die PDS-Bundestagsfraktion ist bei SPD, Grünen und Union auf scharfe Kritik gestoßen. Der SPD- Bundestagsabgeordnete Markus Meckel sprach von einem „wirklichen Skandal“, der dem Ruf Deutschlands bei den Nato-Partnern schaden könne. Er forderte, daß sich der Ältestenrat und möglicherweise auch der Geschäftsordnungsausschuß sowie der Immunitätsausschuß des Bundestags mit dem Fall befaßt. Es müsse geprüft werden, ob die PDS-Fraktion durch Rupp sicherheitsrelavante Informationen erhalte und die Partei in der für die Geheimdienst- Aufsicht zuständigen Parlamentarischen Kontrollkommission mitarbeiten dürfe.
Die PDS ist gegenwärtig nicht in der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) vertreten, die die Nachrichtendienste des Bundes kontrolliert. Die rot-grüne Koalition überlegt jedoch, die PKK mit zwei anderen nachrichtlichen Kontrollgremien zusammenzulegen und die Zahl der Mitglieder von bisher 9 auf künftig 15 zu erhöhen. Dann stünde auch der PDS ein Sitz zu.
Von einem „skandalösen Vorgang“ sprach auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Hans-Peter Repnik. Dem ehemaligen Top-Spion des Warschauer Pakts würde jetzt der „Judaslohn“ für seine frühere Tätigkeit vom deutschen Steuerzahler bezahlt. Der Ältestenrat müsse deshalb überprüfen, ob die Anstellung Rupps verhindert werden könne. Bundestags-Vizepräsident Rudolf Seiters (CDU) will ebenfalls den Ältestenrat einschalten. „Diese Zumutung dürfen die Fraktionen des Deutschen Bundestages nicht hinnehmen“, sagte er. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, nannte die PDS-Pläne ein „politisches Symbol“. Die Anstellung Rupps in der Fraktion sei keine Maßnahme der Resozialisierung, sondern eine Identifikation mit der früheren DDR.
Die PDS wies die Forderung der anderen Parteien nach einer Sitzung des Ältestenrates zurück. Sie entbehre jeder Grundlage und sei „totaler Quatsch“, sagte Fraktionssprecher Jürgen Reents gegenüber der taz. Rupp sei kein Angestellter des Bundestages oder der PDS-Fraktion, sondern werde auf Basis eines Honorarvertrages für die PDS in Bonn arbeiten. Wenn sich der Ältestenrat mit all jenen beschäftigen würde, die auf der Honorarliste der CDU/CSU- Fraktion stehen, dann hätte er „einiges zu tun“, so Reents.
Die PDS verteidigte ihre geplante Zusammenarbeit mit Rupp zugleich als Resozialisierungsmaßnahme. Der 1994 zu zwölf Jahren Haft verurteilte Rupp habe keine andere Chance auf Resozialisierung als bei der PDS, erklärte das PDS-Vorstandsmitglied André Brie. Rupp sitzt in Saarbrücken im Gefängnis und ist seit Montag dieser Woche im offenen Vollzug untergebracht. Er kann tagsüber die Haftanstalt zum Arbeiten verlassen. Der saarländische Justizminister hat in Gesprächen mit der PDS über eine mögliche Freilassung des ehemaligen Spions offenbar ausdrücklich verlangt, daß eine Verlegung in den offenen Vollzug nur in Frage kommt, wenn für Rupp eine soziale Integration gewährleistet ist und er ein Beschäftigungsverhältnis nachweisen kann. „Und das“, so Brie, „gibt es momentan wohl nur bei der PDS.“ Jens König
Kommentar Seite 10
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen