: „Ein Alptraum“
■ Landgericht verurteilt Entführer von Bodo Janssen zu langjährigen Haftstrafen
Bodo Janssen war nicht anwesend, als das Hamburger Landgericht gestern seine Entführer zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilte. Eine Woche lang hatten vier Männer den Sohn einer Millionärsfamilie im Juni in den Grindelhochhäusern gefangengehalten. Während der mutmaßliche Drahtzieher Kresimir G. in Bosnien untergetaucht ist, verurteilte das Landgericht die anderen drei gestern wegen erpresserischen Menschenraubes zu Gefängnisstrafen zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie acht Jahren.
Die drei Männer hatten im Prozeß gestanden, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein. Allerdings hatten sie versucht, sich als Marionetten ihres flüchtigen Anführers darzustellen. Der Vorsitzende Richter Peter Wölber sah sie hingegen als skrupellose Kid-napper überführt: „Die Tat war ein Alptraum für das Opfer und dessen Angehörige, mit gravierenden Auswirkungen, die noch heute ihr Leben überschatten“, sagte Wölber. Janssen habe während der acht Tage Todesangst ausgestanden. Die Geisel wurde von den maskierten Tätern beim Gang zur Toilette stets mit scharfer Waffe bewacht und habe ein Organ bestimmen müssen, das amputiert und seinen Eltern geschickt werden sollte. Außerdem sei der Entführte in allen Einzelheiten über die mögliche Beseitigung seiner Leiche informiert worden. Die Tötung sei indes nicht beabsichtigt gewesen, stellte die Kammer fest.
Ein Bekannter hatte Bodo Janssen am 6. Juni 1998 unter einem Vorwand in die Wohnung in den Grindelhochhäusern gelockt. Für seine Freilassung hatten die Kidnapper von den Eltern ein Lösegeld von zehn Millionen Mark gefordert. Die Polizei konnte das Opfer am 14. Juni aus der Wohnung befreien. Zwei der Entführer wurden dabei festgenommen, der Dritte stellte sich später der Polizei.
Vor der Befreiung waren an der slowenisch-österreichischen Grenze drei Millionen Mark an die Entführer übergeben worden. Kurz danach nahm die Polizei in Österreich zwei Männer fest, bei denen die BeamtInnen 2,5 Millionen Mark des Lösegeldes sicherstellen konnten. Gegen die beiden wird in Österreich ermittelt. Der mutmaßliche Kopf der Entführer, Kresimir G., ist mit einer halben Million Mark des Lösegeldes untergetaucht. lno/taz
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