: Drei Genossen auf Vogeljagd
Hamburg und Meck-Pomm wollen gemeinsam den Riesen-Airbus A3XX bauen. Der Bundeskanzler soll den Auftrag besorgen ■ Von Sven-Michael Veit
Genosse Gerhard soll es richten. Der niedersächsische „Automann“ Schröder möge bitte dafür sorgen, daß der neue Riesen-Airbus A3XX „in Deutschland gebaut“ werde. Mit dieser „Bitte um persönliche Unterstützung“ wandten sich gestern Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde und Harald Ringstorff, Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, an den Bundeskanzler. Die drei von der Sozialdemokratie könnten gemeinsam, so die Hoffnung, „die nationale Aufgabe“ bewältigen, den Jumbo-Flieger in norddeutschen Landen herzustellen. Sowohl Hamburg wie auch Rostock bewerben sich um die Fertigung des A3XX.
Ringstorff, der gestern seinen Antrittsbesuch an der Elbe absolvierte, hatte wiederholt eine norddeutsche Kooperation angeregt, um im Wettbewerb mit anderen Staaten um „eines der größten europäischen Industrieprojekte“ bestehen zu können. Die Bewerbung beider Bundesländer für das Airbus-Werk, das angeblich für mindestens 4000 neue Arbeitsplätze sorgen würde, werde jedoch aufrechterhalten, erklärten beide Regierungschefs nach ihrem Treffen.
„Auf Arbeitsebene“ sollen nun „mögliche Synergieeffekte“ zwischen Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern geprüft werden. Wie die aussehen könnten, darüber schwiegen die Genossen sich aus. Es gebe eben „viele gemeinsame Interessen“, formulierten sie wolkig, zwischen der Metropolregion Hamburg und den westlichen Kreisen des strukturschwachen Agrarlandes an der Ostsee.
Gerade die Region rund um das Binnenmeer sei zu einem „sich dynamisch entwickelnden Raum“ geworden, in dem man wirtschaftlich und strukturpolitisch nicht in Rückstand geraten dürfte. Zur Zeit investieren Dänemark und Schweden zweistellige Milliardensummen in Autobahnen, Beltquerungen, High-Tech-Industrien und Hochschulstandorte einer vereinigten Wirtschaftsregion. Politiker in Schleswig-Holstein, Hamburg und Meck-Pomm sehen dem mit Sorgenfalten auf der Stirn, aber ohne gemeinsames Konzept entgegen.
Der Aufsichtsrat des Airbus-Konsortiums will bis Mitte 1999 den A3XX-Montagestandort bestimmen. Es haben sich auch die französischen Städte St. Nazaire und Toulouse sowie Sevilla in Spanien beworben. Hamburg verweist vor allem auf vorhandenes know-how in der Flugzeugfertigung im Dasa-Werk Finkenwerder.
Für den Bau des Riesen-Vogels soll sinnigerweise das Vogelschutzgebiet Mühlenberger Loch an der Elbe zugeschüttet werden, um Flächen für die erforderliche Erweiterung des Dasa-Werks zu erhalten. Als „ökologische Ausgleichsmaßnahme“ ist vorgesehen, ein Teil der Elbinsel Hahnöfersand in ein Süßwasserwatt zu verwandeln.
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