: Kinder als strategische Ziele
„Terre des hommes“ startet Kampagne, um Jugendliche vor Krieg zu schützen ■ Von Elke Spanner
Der Krieg gegen den Krieg soll in diesem Jahr in Hamburg beginnen. Die Kinderschutzorganisation „terre des hommes“ stellt ihre Arbeit in den kommenden zwölf Monaten unter das Motto „Hamburg 1999 – Kinder vor Krieg und Gewalt schützen“. Veranstaltungen sollen bundesweit, aber mit deutlichem Schwerpunkt in der Hansestadt organisiert werden.
„Terre des hommes“ unterstützt 300 Kinderhilfsprojekte in 25 Ländern. Die Organisation setzt sich beispielsweise für medizinische Versorgung und Bildung ein, gegen Kinderprostitution und Kinderarbeit.
Weltweit litten Millionen von Kindern an den Folgen von Krieg und Gewalt, erklärte gestern im Hamburger Rathaus die Bundesvorsitzende Petra Boxler den diesjährigen Arbeitsschwerpunkt ihrer Organisation: 300.000 Mädchen und Jungen stünden im Dienst von Armeen oder Rebellenverbänden. In den vergangenen zehn Jahren seien zwei Millionen Kinder durch Kriege getötet worden, sechs Millionen hätten schwerwiegende Verletzungen oder dauerhafte Behinderungen davongetragen. Dabei seien Kinder nicht nur zufällige Opfer, sondern immer häufiger strategische Ziele kriegsführender Gruppen.
Mit der geplanten Veranstaltungsreihe will „terre des hommes“ nicht nur um tatkräftige und finanzielle Unterstützung für seine Projekte werben. Die Kinderschutzorganisation will auch ihre Forderungen an die neue Bundesregierung bekräftigen: Zum einen, so Boxler, sollten SPD und Grüne ihre Entwicklungspolitik in den kommenden vier Jahren stärker als Friedenspolitik verstehen. Die alte Bundesregierung habe Entwicklungshilfe vor allem dort geleistet, wo die Bundesrepublik eigene Interessen verfolgt. Geld hätten Länder bekommen, in denen deutsche Unternehmen investieren wollten, aber nicht jene Nationen, in denen konkret Hilfe gegen Armut und Gewalt hätte geleistet werden müssen.
Zum anderen verlangt „terre des hommes“, daß Flüchtlingskindern, die nach Deutschland kommen, all die Rechte zugestanden werden, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben sind. Das sei momentan nicht der Fall, so Boxler. Die Bundesrepublik habe die Konvention zwar unterschrieben. Sie habe aber explizit den Passus ausgespart, der Flüchtlingskinder mit Deutschen gleichstellen würde. In der Folge gelten die Vertriebenen schon ab 16 Jahren als erwachsen und werden etwa im Asylverfahren wie Volljährige auf Sammelunterkünfte quer über die Bundesrepublik verteilt.
Daß das für die Kinder und Jugendlichen oft große Probleme mit sich bringt, erfahre „terre des hommes“ in Hamburg immer wieder, sagte Boxler. Die hiesige Gruppe unterstützt seit 1992 das „Wohnschiff-Projekt“, das Flüchtlinge in den schwimmenden Unterkünften in Neumühlen betreut. Die Organisation finanziert dort Freizeitangebote und Sprachkurse für Kinder.
Auftakt der Kampagne ist heute mit einem Empfang im Rathaus bei Bürgermeister Ortwin Runde; am 8. Mai soll in der Rathausdiele die Ausstellung „Kinder und Krieg“ eröffnet werden.
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