: Konzerne wollen sich Atomausstieg vergolden lassen
■ Bei einem schnellen Ende der Wiederaufarbeitung fordert allein PreussenElektra zwei Milliarden Mark Schadensersatz von Bonn. Konsensgespräche gefährdet?
Hannover (taz) – Schweres Geschütz gegen das Wiederaufarbeitungsverbot hat gestern PreussenElektra aufgefahren. Ein kurzfristiges WAA-Verbot sei „objektiv nicht realisierbar“ und „europa- und verfassungsrechtswidrig“, sagte der Vorstandsvorsitzende Hans-Dieter Harig in Hannover. Der Betreiber von Atomkraftwerken kündigte eine Klage an, wenn es bei einem Verbot der Wiederaufarbeitung zum Jahresende bleibe. Harig sprach von „Entschädigungsforderungen von über zwei Milliarden Mark“, die durch das Verbot ab dem Jahr 2000 allein gegenüber der PreussenElektra erhoben werden würden.
„Bei allen AKW-Betreibern würde eine vorzeitige Beendigung der Wiederaufarbeitungsverträge zu finanziellen Schäden zwischen fünf und sieben Milliarden Mark führen“, sagte der PreussenElektra-Chef. Aufarbeitungsleistungen seien bereits bezahlt, Vertragsstrafen drohten und Kosten für die Rückholung bereits nach Frankreich gelieferter Brennelemente würden fällig.
Die „Voraussetzungen für einen Energiekonsens sind höchst gefährdet, wenn es beim einjährigen Verbot der Wiederaufarbeitung bleibt“, drohte Harig. Er berief sich auf das Vorgespräch von vier großen Energieversorgern mit Bundeskanzler Gerhard Schröder. In diesem Gespräch habe man sich darauf verständigt, „keine Vorfestlegungen zu treffen und Schadensersatzansprüche zu vermeiden“. Ein so komplexes und strittiges Thema wie die nukleare Entsorgung könne in den Konsensrunden nicht gelöst werden, „wenn die bisher vorhandenen Entsorgungswege gesetzlich blockiert werden“. Der Zeitraum bis Ende des Jahres reiche nicht aus, um die technischen Voraussetzungen für eine alternative Entsorgung der Brennelemente zu schaffen. Das geplante kurzfristige WAA-Verbot könne zum Stillstand von einigen Atomkraftwerken ab dem Jahr 2001 führen.
Harig machte gestern allerdings nur gegen ein kurzfristiges WAA-Verbot Front. Er akzeptierte einen Ausstieg im „gleitenden Übergang“, bei dem die Wiederaufarbeitung bis zum Jahr 2005 „zumindest nicht verboten ist“: Etwa sechs Jahre dauerten Genehmigung und Bau der von Rot- Grün geplanten Zwischenlager an den AKW-Standorten. Der PreussenElektra- Chef wollte langfristige Einsparungen bei der Entsorgung durch ein Ende der Wiederaufarbeitung nicht ausschließen. Jürgen Voges Bericht Seite 8
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