: Walter Momper ist der Sieger des Abends
■ Dem 53jährigen Ex-Regierenden gelang bei der gestrigen SPD-Urwahl der Überraschungs-Coup. Mit deutlichem Vorsprung machte er das Rennen gegen Fraktionschef Klaus Böger und wird die Partei in die Wah
Walter Momper wird die SPD als Spitzenkandidat in die Abgeordnetenhauswahl im Herbst '99 führen. Das haben die Parteimitglieder bei der gestrigen Urwahl beschlossen. Als Walter Momper kurz vor 19 Uhr am Sonntag abend unter riesigem Applaus die Bühne im Willy-Brandt-Haus betrat, riß er mit geballten Fäusten beide Arme hoch. Seine Anhänger skandierten: „Walter, Walter“ und „Los geht's“.
Von den 10.279 abgegebenen Stimmen verbuchte Momper 5.827 Stimmen für sich, auf den SPD- Fraktionschef Klaus Böger entfielen 4.316 Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag mit 49,7 Prozent leicht unter der der letzten Urwahl von 1995, bei der sie 55,3 Prozent betrug.
Die Gesichter im Böger-Team waren nach der Stimmauszählung sichtlich bedrückt. Ein Böger-Anhänger sagte: „Das ist der Protest gegen die Große Koalition. Das war die Grundstimmung, gegen die schwer anzukommen war.“ Ein anderer Böger-Anhänger erwartet von Walter Momper „eine stärkere Polarisierung im Wahlkampf und in der nächsten Zeit heftigere Angriffe auf den Noch-Koalitionspartner CDU“. Ob das der SPD die nötigen Stimmen bringen werde, müsse man dann am Wahltag sehen.
Die Abgeordnete Elga Kampfhenkel, die im engen Beraterkreis von Böger mitgearbeitet hatte, sagte: „Die CDU wird über das Ergebnis jubeln, Momper ist der Wunschgegner der CDU.“ SPD- Fraktionschef Böger sprach nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses Walter Momper sein „uneingeschränktes Vetrauen“ aus.
Der 53jährige ehemalige Regierende Bürgermeister Walter Momper triumphierte: „Mit dem Ergebnis kann man sagen, Walter Momper ist wieder da. Die Kraft der Partei wird wieder durch mich verstärkt werden. Klaus Böger ist und wird die Nummer zwei, er hat 42 Prozent der Berliner SPD hinter sich. Klaus Böger und ich ergänzen uns auch in unseren persönlichen Eigenschaften so gut, daß Diepgen wirklich Anlaß hat, vor der SPD davonzurennen. Wir werden die Langeweile aus der Stadt herauszwängen.“
Den Wahlabend moderierte Bundesparteisprecher Michael Donnermeyer. Er lud zwischen den Ergebnissen zum Talk auf die Bühne. Auch mehrere grüne Parteimitglieder waren ins Willy- Brandt-Haus gekommen. Wolfgang Wieland von den Grünen sagte, er hoffe, daß die Berliner SPD nach der Urwahl an einem Strang ziehe und es gelinge, nach neun Jahren die große Koalition im Herbst abzulösen. Neben Wieland waren auch die frühere Schulsenatorin Sybille Volkholz und Michael Cramer, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Publikum.
Bis 17 Uhr hatten die 20.533 wahlberechtigten SPD-Mitglieder ihren Stimmzettel abgeben können. Bei der letzten Urwahl vor der Abgeordtnetenhauswahl 1995 war Walter Momper gegen die damalige Sozialsenatorin Ingrid Stahmer angetreten. Stahmer erzielte damals 7.470 Stimmen, Walter Momper erhielt 5.753 Stimmen. Der innerparteiliche Wahlkampf, der im November vergangenen Jahres begonnen hatte, war ohne große Höhepunkte verlaufen. Zwischen den beiden Kandidaten waren kaum inhaltliche Unterschied zu erkennen gewesen. Zu Diskussionsveranstaltungen mit den Kandidaten waren nur etwa 10 Prozent der Mitglieder erschienen. Dorothee Winden
Bericht Seite 22
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