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Den Teufel bannen, indem man ihn erklärt

■ Sieht gar nicht mächtig aus, ist es aber trotzdem: Der Fachdienst epd Medien wird fünfzig!

Man glaubt es kaum. Das Ding ist eng auf ödes weißes Papier gedruckt, ohne Bilder, die meisten seiner Texte sind in einer unprätentiösen Nachrichtensprache abgefaßt. Die Auflage beträgt lächerliche 1.100 Stück, und bis vor einem Jahr wurden die 28 zusammengehefteten DIN-A-4-Seiten auch noch unter dem unmöglichen Namen „Kirche und Rundfunk“ vertrieben. Und trotz seiner vielen unsexy Eigenschaften ist der zweimal die Woche erscheinende Fachdienst epd Medien doch eine der letzten unbestechlichen Instanzen in der bunten Medienwelt. Und er hat auch noch einen enormen Aufmerksamkeitswert in der Branche, die es gern laut, farbig, geschmeidig hat! Ein Wunder, wie es wohl nur die Kirche zustandebringt.

Denn die evangelische Kirche, beziehungsweise der Evangelische Pressedienst epd, gibt das Heft heraus, das heute vor fünfzig Jahren zum ersten Mal erschien, was gestern in Frankfurt mit großem Tamtam gefeiert wurde. Heute ist epd Medien ein kritisches bis skeptisches Blatt, in dem vier Redakteure von ihrem Büro in einem unwirtlichen Frankfurter Gewerbegebiet aus die wilde virtuelle Welt munter beschreiben, analysieren und kommentieren. In Sachen Medienpolitik und Medienkritik ist epd Medien meist sehr klug, wohlinformiert und immer hart am Werk der Aufklärung. Wenn es fertig ist, wird das Heft (inzwischen auch online) an die sogenannten Multiplikatoren verschickt, an Journalisten, Medienmanager, Rundfunkräte und öffentlich- rechtliche Hierarchen. Und weil das so ist, macht es auch gar nichts, daß es nur 1.100 Abonennten (aber weit mehr Leser) gibt. So funktioniert echte Medienmacht mit geringen Mitteln.

Aber warum macht die Kirche so etwas Schönes, obwohl sie selbst kaum darin vorkommt und die Redaktion eher mal einen Film bei RTL lobt als einen Landesbischof? Geld machen kann man damit natürlich auch nicht, etwa ein Viertel des Etats müssen daher die Schäfchen der Kirche zubuttern. Doch das kirchliche Medienimperium ist groß und undurchsichtig und eng verflochten mit den öffentlich- rechtlichen Sendern, die einst das Monopol hatten. Es gibt jede Menge kirchliche Rundfunkräte, und -redakteure und bis in die Siebziger wechselten Schreiber des Kirchen-Fachdienstes munter in die Senderhierarchien.

Chefredakteur Uwe Kammann erklärt, nach der Instrumentalisierung von Film und Rundfunk durch die Nazis habe die Kirche Verantwortung für Massenmedien entwickelt. Eine andere Wurzel der ausgeprägten kirchlichen Medienpublizistik (zu der auch das katholische Gegenstück Funkkorrespondenz sowie die Filmzeitschriften epd Film und Filmdienst zählen) sind aber auch die Index-Listen, in denen die Kirchen das Teufelszeug der Bildmedien durch Verbot aufzuhalten suchten. Da dieses Unterfangen sich in Sachen Kino als aussichtslos erwiesen hatte, suchte man feinere Mittel, als das böse Fernsehen kam: Den Teufel noch bannen, indem man ihn erklärt und kontrolliert. Paradoxe Geschichte: In epd Medien entfaltete der Zensurwunsch am Ende aufklärerische Wirkung. lm

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