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Im Taxi zum Fischmarkt

■ Hauskrach bei Greenpeace um Geschäftsführer Homolka: Fliegen und predigen statt programmatischer Akzente

Als neuer Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland war Walter Homolka vor seinem Amtsantritt im April vergangenen Jahres hoch gelobt worden. Die Medien priesen den „Rabbi aus Bayern“, der zuvor Leiter des Vorstandsstabes bei Bertelsmann war, als „Multitalent“. Auch die Umweltschützer selbst setzten große Hoffnung in den neuen Mann an ihrer Spitze, nachdem sein Vorgänger Burkhard Gnärig nach nur sechs Monaten das Handtuch geworfen hatte. Die Begeisterung hielt nicht lange an. Seit Monaten schon rumort es in der Hamburger Greenpeace-Zentrale. Die langjährige Co-Geschäftsführerin Birgit Radow warf zu Jahresanfang das Handtuch, Pressesprecher Norbert Schnorbach war bereits Ende vorigen Jahres gegangen. „Wegen Walter“, wie der Flurfunk im Greenpeace-Speicher am Fischmarkt meldet.

Kritiker aus den eigenen Reihen werfen dem 34jährigen Homolka vor, bei Aktionen sei er nie dabei, er fahre Taxi statt Fahrrad und nehme das Flugzeug statt der Bahn. Auch „programmatisch“ kämen keine Anstöße von ihm. Zu diesem Schluß kam auch eine interne Medienanalyse. „Er ist für den Job einfach der falsche Mann“, meint einer, der – wie andere Kritiker – anonym bleiben möchte.

Die Greenpeace-Sprecher Susanne Commerell und Michael Hopf erklären dagegen, es gebe keine Führungskrise, sondern lediglich die üblichen Auseinandersetzungen um Sachthemen. „Da geht es richtig zur Sache, aber das hat Tradition“, betont Hopf. Von einer „Revolte gegen den Chef“, wie Der Spiegel titelte, könne keine Rede sein. Die Sitzung des Greenpeace-Aufsichtsrates an diesem Freitag sei „völlig fahrplanmäßig“.

Eine Diskussion um seine Person stehe „weder auf der Tagesordnung noch im Raum“, erklärt Homolka. Jetzt gehe es „erst richtig los“, betonte der 34jährige. Er sehe seine Aufgabe allerdings nicht darin, als Aktivist zu glänzen, „sondern dafür zu sorgen, daß die 120 Mitarbeiter in der Zentrale professionelle Arbeit leisten“.

Im übrigen sollten sich weiterhin „die verschiedenen Greenpeace-Experten äußern und nicht der Chef“, betont Homolka. Damit sei die Organisation in der Vergangenheit gut gefahren. Das belege auch die anhaltend große Unterstützung für Greenpeace. Die Zahl der Förderer sei im Vorjahr um 11.000 auf mehr als 531.000 gewachsen, die Einnahmen aus Spenden seien um 1,3 Millionen Mark auf 66,48 Millionen Mark gestiegen.

Behauptungen, sein Ehrenamt als Rabbi sei ihm wichtiger als sein Hauptjob bei Greenpeace, wies Homolka zurück, der sich mit 13 Jahren für den jüdischen Glauben entschieden hatte. Seit einiger Zeit wirkt er als Landesrabbiner der liberalen jüdischen Gemeinde in Niedersachsen. „Vor Ort bin ich dort allerdings äußerst selten und nur in meiner Freizeit.“

„Unökologisches Verhalten“ wolle er vermeiden und mit dem Rad zur Arbeit fahren, hatte Homolka bei seinem Amtsantritt angekündigt. Jetzt räumte er ein, daß er gelegentlich auch mit dem Taxi aus Ottensen komme. Schließlich müsse er häufig „viele Akten befördern“. Maja Abu Saman

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