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Staatlicher Vergnügungs-Konzern

■ Neue Messehallen sind zu wenig ausgelastet / Staatskonzern der „HVG“ übernimmt mehr privates Veranstaltungsgeschäft

„Sorry Köln, sorry Frankfurt - jetzt kommt Bremen“, mit dieser Leuchtreklame sollen in Zukunft Besucher am Bremer Flughafen begrüßt werden. Der Geschäftsführer der Bremer Messe-GmbH, Dr. Rolf Henkhaus, stellte vor Journalisten die Messe-Planung vor. „Unsere überdurchschnittlich gute Hardware allein reicht nicht“, gestand Henkhaus ein. Die „Hardware“, das sind die neuen Messehallen. Die Hoffnungen, die der frühere Messe-Geschäftsführer Sewig auf die Kombination von Kongreßzentrum und modernen Messehallen gesetzt hat, erfüllt sich offenbar so nicht. Der „Messe-Kalender“ der Messe-GmbH sieht die Nutzung der neuen Hallen 4-6 für ein breites öffentliches Publikum in diesem Jahr einmal Ende Februar („Ausstellung Freizeit Bremen“) vor und dann erst wieder im November für die Caravan-Ausstellung. Die KPS-Gruppe, die früher die Messehallen für verschiedene Veranstaltungen genutzt hatte, ist überhaupt nicht mehr vertreten. In der statistischen Bilanz, so Henkhaus, würde die zur Verfügung stehende Quadratmeter-Fläche zehn Mal im Jahr vermietet. Darin sind aber Veranstaltungen wie die „Sammlerbörse“ und auch interne Anmietungen etwa für Werbe-Fotos enthalten.

Die Messe-GmbH will daher zusätzlich zu dem Angebot der modernen Hallen nun „die Software“ entwickeln. Im Sommer soll zunächst einmal über 500 Veranstaltern und Verbands-Entscheidungsträgern anderthalb Tage lang das Messe-Angebot vorgeführt werden,. Eine knappe Millionen Mark will sich Bremen das kosten lassen. „Städtemarketing wäre schon nicht schlecht“, flachst Henkhaus über Bremens Image in der Republik. Provokatives Marketing soll auf Bremen aufmerksam machen.

„Software“ heißt aber im engeren Sinne, daß die staatlichen Firmen unter dem Dach der HVG selbst als Veranstalter auftreten. Schon im vergangenen Jahr hat eine Tochter der HVG 50 Prozent der Anteile an der Kartenverkaufs-Firma „Ticket Service Center“ (TSC) übernommen. Auch an der Firma MGH, die alle zwei Jahre die einzig wirkliche „Messe“ Bremens veranstaltet – die „Fisch“ – hat die staatliche Messe-GmbH 49 Prozent der Anteile für mehr als eine halbe Millionen Mark übernommen. Am vergangenen Dienstag, so berichtete Messe-Geschäftsführer Henkhaus, hat er die Veranstaltung „Außenwirtschaftstag“ gekauft; diese Veranstaltung war bisher defizitär, der Kaufpreis daher gering.

So werden die Firmen, über die der Wirtschaftssenator die Aufsicht hat, mehr und mehr selbst zu Veranstaltern. Da der Wirtschaftssenator gleichzeitig über die Zuschüsse entscheidet, die viele dieser Veranstaltungen erst lebensfähig macht, und die Messe-GmbH über die Saalmiete, sehen sich private Veranstalter vollkommen in der Zange des staatlichen Firmen-Apparates.

In einzelnen Fällen ist es der Messe-GmbH gelungen, größere Veranstaltungen von anderen Städten abzuwerben. Zusätzlich setzt die Messe-GmbH darauf, durch staatliche Förderung Veranstaltungen „mit neuen Konzepten fit für die Zukunft“ zu machen. Bei der Fahrrad-Ausstellung des Verbandes selbstverwalteter Fahrrad-Läden scheint das mit Erfolg zu klappen, bei der Öko-Ausstellung parallel zu dem Esoterik-Kongreß „Visionen menschlicher Zukunft“ ist es gerade gescheitert: Die Ausstellung wird nach dreimaliger Förderung nun so nicht mehr stattfinden. K.W.

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