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Grüne Marketingoffensive um Junge: Fröhlich fürs Drei-Liter-Auto werben

Berlin (taz) – Der Schock traf Andreas Schulze, als er im Januar das Foto schlechthin zum Wahlkampfauftakt in Berlin sah. Zu sehen war darauf der SPD-Kandidat für das Bürgermeisteramt – und zwei angejahrte grüne Spitzenpolitikerinnen, die Walter Momper anhimmelten. „Das ist doch die alte Berliner Suppe“, dachte sich Schulze, „das haben wir schon vor zehn Jahren so gemacht“. Konsequenz des grünen Landeschefs: Neue Köpfe müssen her.

In Berlin wird im Oktober gewählt, und Schulze will mit seiner Partei nicht das gleiche Desaster erleben wie die Parteifreunde in Hessen, die um über vier Prozentpunkte abrutschten. In Hessen haben die Grünen die Hälfte der Jungwähler eingebüßt. 20.000 ehemalige junge Grünwähler sind gleich zur CDU übergelaufen.

Die Hauptstadt-Grünen reagieren. Ein Drittel der grünen Listenplätze wird im Oktober für Parlamentsneulinge freigehalten. Und im bevorstehenden Wahlkampf werden die Grünen jüngere Köpfe plakatieren. Wie viele in der Umweltpartei, sieht Schulze die seinen allerdings in der Zwickmühle: Tatsächlich steht es gar nicht so schlecht um den Grünen-Nachwuchs. Nach der Bundestagswahl konnte Schulze 500 neue Mitglieder begrüßen – „die meisten um die 30 und jünger“.

Aber der Eindruck zählt. „Es heißt überall, wir sind ein Altenclub“, jammert Matthias Berninger, ehemals Parlamentsbenjamin in Bonn, inzwischen 28 Jahre alt. „Immer wenn wir Jungwähler verlieren, wird es existentiell“, erinnert sich der hessische Grüne Berninger: Bei der Bundestagswahl 1990 habe man die Jugendlichen an die SPD verloren – und sei aus dem Parlament geflogen. Auch letzten September hätten die Jungen ihr Kreuz anderswo gemacht, nur habe es keiner gemerkt.

Berninger verlangt eine Marketingoffensive. Es sei sträflich, etwa den notwendigen Atomausstieg als Erfolg an sich zu verkaufen. Das verstehen Jungwähler nicht. „Wir können nicht annehmen, daß jeder die innergrüne Debatte der letzten 20 Jahre drauf hat“, sagt Berninger und fordert: Den Atomausstieg werbewirksam mit dem 100.000-Dächer-Programm zu kombinieren – „dem modernsten Subventionsprogramm für Solarenergie der Welt“.

Jugendgerechter will Berninger die Verkehrspolitik verkaufen – denn „auf dem Land ist das Auto das Freiheitssymbol Nummer eins“. Das grüne Nein zum Auto wird also differenziert. Die Bremer Grünen fangen damit an. Vor der Wahl im Juni, so Fraktionssprecherin Helga Trüpel, „werden Mobilitätswünsche nicht mehr diskreditiert“. Auf deutsch: Statt der grimmigen „Fünf-Mark-pro-Liter“-Forderung kommt die fröhliche Kamapagne für das „Drei-Liter-Auto“.Christian Füller

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