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Eine Schauspielerin und Agitatorin

■ Lotte Loebinger, Ehefrau Wehners und Bekannte Erich Mühsams, starb 93jährig

Berlin (taz) – Lotte Loebinger ist tot. Die kleine, magere Schauspielerin mit den weißen Haaren fand, ähnlich wie Brechts Mitarbeiterin Margarete Steffin, über den Kommunismus zur Schauspielerei und über die Schauspielerei zum Kommunismus. Vor 93 Jahren in Kattowitz geboren, geriet sie über ihre Schwester an den Jugendverband der KPD und leitete bald eine Agitprop-Gruppe. Der Anarchist Erich Mühsam verschaffte Loebinger ihr erstes Engagement am Berliner Renaissance- Theater. Bei Mühsam traf sie auch ihren späteren Ehemann, der damals dem Anarchisten bei der Produktion der Zeitschrift Fanal half: Herbert Wehner. 1952 wurde die Ehe geschieden.

Loebinger ging drei Jahre bei Erwin Piscator an der Berliner Volksbühne in die Lehre. Piscators Ensemble sah sich links-avantgardistisch. Helene Weigel und Bert Brecht zählten zu Loebingers Kollegen. Nach 1933 emigrierte Lotte Loebinger in die Sowjetunion. Die Jahre unter Stalin stellte sie wenig in Frage. „Wir waren alle Stalinisten“, sagte sie in der Rückschau. In Moskau mußten sie und Wehner im Hotel Lux ständig einer Verhaftung durch Stalins Geheimdienst GPU gewärtig sein.

Lotte Loebinger verstand sich nicht allein als Schauspielerin, sie war von ganzem Herzen Agitatorin – das Urbild einer Proletarierin. Erst nach 1945 und bei der Defa spielte sie jene so politischen wie pädagogischen Charakterrollen, an die man sich heute erinnert, wenn man in der DDR zur Schule ging: „Frauenschicksale“, „Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse“, „Schlösser und Katen“. Radikalität wird teuer bezahlt: Loebingers Name erschien nach 1989 in kaum einer Abhandlung zur Filmgeschichte. Anke Westphal/klh

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