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„Wir sind keine Schüler-Polizei“

■ In fünf Bremer Schulen schlichten SchülerInnen SchülerInnen-Konflikte. Kostenlos und psychologisch geschult

Peter aus der sieben hat Streß mit Andreas. Der Zehntklässler hat ihm sein Handy geklaut und will es nicht wieder rausrücken. Also wendet sich Peter an das Anti-Streß-Team seiner Schule. Da sitzen zwei, die sind zwar auch nicht so stark wie Andreas. Aber die können ihm helfen, sein Handy wiederzubekommen, ohne sich gleich anzuschreien oder zu prügeln. Die haben das nämlich gelernt.

Jan-Henning und Martina aus der neunten Klasse sind im Anti-Streß-Team am Schulverbund Lesum am Steinkamp und nennen sich SchlichterInnen. Die gehen erst mal zu Andreas und fragen, ob er überhaupt zu einem Gespräch bereit ist. Auf ähnliche Weise haben die 16 SchlichterInnen vom Lesumer Team zehn bis fünfzehn Fälle im vergangenen Jahr geklärt. Unlösbar war keiner davon, sagen sie.

Seit SchülerInnen Konflikte zwischen SchülerInnen schlichten „gibts am Schulverbund Lesum weniger Streit, und die Schlägereien sind zurückgegangen“, meint Jan-Henning vom Anti-Streß-Team. Aber: „Wir sind keine Schüler-Polizei, bei Problemen gehen wir nicht von uns aus dazwischen.“ Seit 1996 bilden PsychologInnen vom Bremer Verein Täter-Opfer-Ausgleich (T.O.A.) die Jung-SchlichterInnen aus. Zu häufig hatten Schulen in den Jahren zuvor das Projekt beauftragt, bei leichten Straftaten wie Diebstahl und Beleidigung zu vermitteln.

„Das war zu viel Arbeit für uns. Also haben wir überlegt, was die SchülerInnen selber machen können“, erzählt der Leiter des T.O.A., Frank Winter. Nach dem Schlichtungs-Programm eines skandinavischen Professors werden mittlerweile an fünf Bremer Schulen SchülerInnen ausgebildet. Das dauert ein halbes Jahr. Kosten: 8.500 Mark für eine oder 9.000 Mark für zwei Schulen. Grundlage sind Konflikte, die die Jugendlichen selbst erlebt haben. Statt Theorie zu pauken, erfahren die SchülerInnen im Rollenspiel, wie sich verschiedene Positionen im Konflikt anfühlen.

Rollentausch ist das Zauberwort. Schuldzuweisungen gibt es nicht. „Was ist passiert und warum?“ fragen die SchülerInnen im konkreten Fall zunächst beide Seiten getrennt, so auch Peter und Andreas. „Und wie fühlst Du Dich jetzt mit dem Handy in der Tasche?“ wollen die SchlichterInnen von Andreas wissen. „Und Du, Peter?“ Dann sollen oder besser können sich Peter und Andreas in die Rolle des jeweils anderen versetzen und Lösungsvorschläge machen. Strafe gibt's sowieso keine.

Die Neuntklässler Chi-Kit und Pouyan vom Kippenberg-Gymnasium haben die Ausbildung gerade hinter sich. Chi-Kit: „Ob ich mit Konflikten jetzt besser klarkomme, weiß ich nicht, aber die Ausbildung hat viel Spaß gemacht“, sagt er. Pouyan will am liebsten sofort anfangen. Stolz erzählt er, daß sie durch die Klassen gehen, um das Team und seine Arbeit an der Schule bekannt zu machen.

Natürlich stehen die jungen SchlichterInnen mit ihrer Aufgabe nach der Ausbildung nicht alleine da. Die PsychologInnen Svenja Taubner und Christoph Krause betreuen sie noch ein weiteres halbes Jahr. Einmal im Monat ist Treffen, um über schwierige Konfliktprozesse zu reden. Außerdem gibts eine Vertrauenslehrerin.

Martina vom Schulzentrum Lesum ist seit anderthalb Jahren im Anti-Streß-Team. Die Arbeit macht allen Spaß. „Schwierig wird's nur, wenn sie wirklich stur sind und sich nicht vertragen wollen“, sagt sie. Allerdings seien die Täter oft erst gesprächsbereit, wenn die Schule Druck macht, sagt Jan-Henning. Eigentlich ist das Gespräch für alle freiwillig und kann jederzeit abgebrochen werden. Vielleicht ist doch nicht jeder Konflikt konsensfähig. B. Erlemann

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