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Bombige Fische

■ Die 2. Internationalen Umwelt Filmtage zeigen bis zum 9. März Animations- und Dokumentarfilme/ Auftakt ist heute

Ökologische Filme sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. – Diesen Satz versteht aus gleich mehreren Gründen kein Schwein. Denn, Hand aufs müsligestärkte Herz, wer weiß schon so genau, was zum Teufel Ökofilme eigentlich sind und wie sie einst zum Teufel noch mal waren. Aber Bildungslücken lassen sich, da unterscheiden sie sich nicht im geringsten von Hafenbecken, zuschütten. Bis zum 9. März laufen im Kulturzentrum Lagerhaus und im Kino 46 die „2. Internationalen Umwelt Filmtage“ und liefern dermaßen viel Anschauungsmaterial, daß man sich innerhalb kurzer Zeit und nach Betrachtung von zahlreichen Filmen vom Banausen zum Ökofilmexperten mausern kann.

Peter Brodersen vom Verein Ökostadt Bremen hat diesen Reifungsprozeß schon hinter sich. Denn schon seit Jahren fährt er nach Freiburg zur „Ökomedia“, einem Internationalen und, angesichts einer immerhin schon fünfzehn Jahre währenden Kontinuität, mittlerweile auch renommierten Festival des ökologischen Films. 21 Filme, darunter alle im November auf der „Ökomedia“ prämierten Beiträge, hat Brodersen mit nach Bremen gebracht, wo sie nun den Kern der von Ökostadt, Medien Coop und Kino 46 organisierten und heute beginnenden „2. Internationalen Umwelt Filmtage“ bilden. Ergänzt werden die Filmtage durch die Sonderreihe „Küsten und Meere“, die vom 4. bis 9. März im Kino 46 laufen wird.

„Ökologische Filme sind nicht mehr das, was sie mal waren“, sagt Peter Brodersen – und kann diesen Satz auch tatsächlich erläutern. Früher, sagt er, erschöpften sich Beiträge zum Thema Ökologie zumeist darin, die Konsequenzen der Industrialisierung auf Mensch, Natur und Umwelt politisch korrekt darzustellen. „Heute aber bewegen sich die Filme auch unter ästhetischen und dramaturgischen Gesichtspunkten auf hohem professionellen Niveau.“ Den Eröff-nungsfilm „Louisiana Story“ könnte man als Beleg für diese Tendenz betrachten – wäre er nicht schon im Jahr 1948 entstanden. Der im Auftrag von Standard Oil gedrehte, technisch perfekte s/w-Dokumentarfilm von Robert J. Faherty beschreibt aus der Perspektive eines Jungen die Erschließung der Sümpfe Louisianas durch den Ölkonzern. Der Werbefilm für Standard Oil entpuppt sich gleichermaßen als nüchterne Dokumentation einer zerstörerischen Begegnung von Industrie und Natur (24.2., 19 Uhr).

Carl-A. Fechners Film „Die Jahrhundertflut – Oder – Jammer oder Chance“ ist das Resultat einer Reise an die Orte der Überschwemmungskatastrophe von 1997 in Tschechien, Polen und Deutschland. Fechner untersucht die Frage, welche Konsequenzen die Betroffenen aus dieser Jahrhundertflut gezogen haben. Im Anschluß an den Film besteht die Möglichkeit zum Gespräch mit dem Filmemacher (25.2., 21 Uhr).

Auch mit Lisa Faessler kann man sich im Anschluß an ihren Film „Tumult im Urwald“ unterhalten. Ihr 80minütiger Dokumentarfilm erzählt vom Leben der Huaorani-Indianer, einem im ecuadorianischen Amazonasbecken ansässigen Stamm. Die Huaorani wurden zum Inbegriff der gefährlichen Wilden, weil sie mehrmals Missionare getötet hatten. Faessler beschreibt die besondere Rolle des Tötens im Denken der Huaorani und zeigt am Beispiel einer Ethnologin, wie ambivalent sich die Arbeit weißer Wissenschaftler auf die Lebensverhältnisse ihrer „Forschungsobjekte“ auswirken kann (27.2., 21 Uhr). Filme über das Leben von Walen, Krebsen und anderen Meeresbewohnern, die sozialen Ursachen und ökologisch verheerenden Folgen der Dynamitfischerei, die Landlosenbewegungen in Mexiko und Brasilien sowie ein Blick hinter die Kulissen von Weltbank und IWF am Beispiel Ugandas ergänzen das Programm. Erstmals kann das Publikum aus den im Lagerhaus gezeigten Filmen einen Favoriten wählen, der am 28. Februar ausgezeichnet und im Anschluß daran nochmals gezeigt wird (21 Uhr).

Die Sonderreihe „Küsten und Meere“ im Kino 46, die aus Anlaß des von der UNO ausgerufenen „Jahres zum Schutze der Ozeane“ durch die kommunalen Kinos tourt, umfaßt 12 Spiel- und Dokumentarfilme aus 70 Jahren Filmgeschichte. Neben Luchino Viscontis Klassiker „La terra trema“, der den Kampf sizilianischer Fischer gegen die Großindustrie zeigt (5.3., 20.30 Uhr und 7.3., 18 Uhr), sind Kinderfilme wie der vor Irlands Küste spielende „Das Geheimnis des Seehundbabys“ (4.3., 18.30 Uhr, 5.-7.3., 16 Uhr) oder der brasilianische Film „Die Auster im Wind“ zu sehen, der vom Leben eines alten Leuchtturmwärters und seiner jungen Tochter auf einer unwirtlichen Insel erzählt. zott

Infos zu den Filmen, Zeiten und Orten kann man dem an vielen Orten ausliegenden Faltblatt und dem Internet ( www.bremerumwelt.de ) entnehmen. Karten können unter Tel.: 70 10 00 vorbestellt werden

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