: 50 Jahre Urbanismus
Die Debatten um Architektur und Städtebau waren im Nachkriegsdeutschland immer auch Ergebnis des Wettstreits der beiden deutschen Staaten. Das galt zunächst auch für die Frage über Wiederaufbau oder Neubeginn.
Noch vor der deutschen Teilung entwarf der Berliner Stadtbaurat Hans Scharoun den „Kollektivplan für Berlin“, der den Abriß weiter Teile der gewachsenen Innenstadt zugunsten einer Stadtlandschaft bedeutet hätte.
Während in der DDR von 1950 an mit Walter Ulbrichts Sechzehn Grundsätzen des Städtebaus und dem Bau der Karl-Marx-Allee die nationale Tradition in den Vordergrund rückte und moderne Architekten des amerikanischen Kosmopolitismus bezichtigt wurden, stand die westdeutsche Stadtentwicklung von Beginn an unter pluralistischen Vorzeichen.
Seit dem Bau der Mauer 1961 stand in Westdeutschland vor allem der Neubau von Großsiedlungen auf der Tagesordnung. Hier stand der moderne Gedanke der Parkstadt, wie er bereits in den zwanziger Jahren von Architekten wie Bruno Taut verwirklicht wurde, Pate.
Berühmtestes Beispiel dieser Phase ist das Märkische Viertel in Berlin. Der Osten zog zehn Jahre später mit dem Bau der Siedlung in Marzahn nach.
In den siebziger Jahren gab es erste Kritik an den Großsiedlungen, die in manchen Städten wie in Berlin zu ersten Programmen der Stadterneuerung führten. In München galt der für die Olympischen Spiele 1972 errichtete Olympiapark als eines der erfolgreichsten Städtebauprojekte der Nachkriegszeit. Die lockere Bebauung von Günther Behnisch stand damals ganz als Symbol für die demokratische Erneuerung der Republik durch Transparenz und Ablehnung jeglicher Monumentalität, wie sie noch bei den Nazi-Spielen 1936 in Berlin im Vordergrund stand. Von Behnisch stammt auch der Neubau des Plenarsaals in Bonn.
In den achtziger Jahren hielt in Deutschland auch die Postmoderne Einzug. Einer der berühmtesten Bauten ist die 1984 eröffnete Staatsgalerie von James Stirling in Stuttgart.
In Berlin wurde postmoderne Architektur im Zusammenhang mit der Internationalen Bauausstellung 1987 mit dem städtebaulichen Programm der „Kritischen Rekonstruktion“ verbunden, mit der nicht nur dem Projekt der Stadtlandschaft eine Absage erteilt, sondern auch innerstädtische Flächen als Wohnort wiederentdeckt werden sollten.
Ähnliche Ziele verfolgte die DDR mit der Rekonstruktion des Gendarmenmarktes oder dem Neubau des Ensembles Nikolaiviertel.
Nach der Wiedervereinigung richtete sich das Augenmerk von Architekten und Stadtplanern wieder verstärkt auf Berlin. Im Vordergrund standen dabei zunächst die Gestaltung des Berliner Zentrums und der wiederentflammte Streit um die Hochhausbebauung.
Mit der Entscheidung gegen Hochhäuser gerieten in Berlin allerdings auch Fragen ins Blickfeld, die sich weniger mit der Funktion der Architektur als mit ihrem Design beschäftigten. In diesem Zeichen stand auch der Berliner Architekturstreit, bei dem es weniger um die Nutzung der Gebäude als um die Frage der Fassadengestaltung ging.
Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung, die auch eine neuerliche Hinwendung zu Architektur als traditionsstiftender Kunstgattung bedeutet, ist die Diskussion um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses: Hier wie bei anderen Diskussionen ist das Ende offen. wera
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen