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Auch ganz hübsch

■ Grand Prix: Kinder besiegen Volk und Multikulti

Da gab es lachende Gesichter beim NDR: Der vermeintliche Versuch der Plattenfirma des Volksmusikanten Patrick Lindner, die deutsche Vorentscheidung zum Grand Prix d'Eurovision in den Würgegriff zu nehmen, war gescheitert. Als grundlos erwiesen hatte sich die Angst des Senders, daß der Bayer ihm das Kalkül kapputtträllert, nach Guildo Horn die Sache nun endgültig zum Pop- Ereignis für die Viva-Generation zu machen. Lindners kreuzbraves Liedchen, das so gar nicht in die mit Discoleuchten und schnellen Schwenks auf modern getrimmte Sendung passen wollte, wurde von den Zuschauern per Televoting auf die hinteren Ränge verbannt.

Und auch der Plan von Ralph Siegel scheiterte: Die Multikulti- Truppe Sürpriz des bekennenden CSU-Sympathisanten landete nur auf Platz zwei. Auf der Party waren Siegels Mannen besonders verdrossen, daß nicht sehr viele türkische Einwanderer für die „Reise nach Jerusalem“ angerufen hatten. Da hatte es nicht mal genützt, daß der NDR kolportiert hatte, rechtsradikale Kreise hätten gegen die der Mustertruppe mobilisiert.

Gewonnen, da war man sich beim NDR einig, hatte eine rührende Kompromißkandidatin: Corinna May sang „Hör' den Kindern einfach zu“ und bekam 33 Prozent Zustimmung. Ein wenig multikulturelle Verkaufe schmückte freilich auch ihren Vortrag, weil die Begleitcombo sich aus schwarzen und weißen Musikern zusammensetzte. Und die NDR-Verantwortlichen freuten sich nachher, das „Thema Kinder“ sei „doch auch sehr hübsch“.

Und es riefen mehr Menschen an als voriges Jahr. Da freute sich ein Vertreter der „Deutschen Musikakademie“, der Grand Prix habe sich als „erstklassiger Pop- Event“ etabliert: „Guildo Horn hat eine würdige Nachfolgerin gefunden.“ Corinna May weinte die ganze Party über. JaF

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