piwik no script img

Berlin Vorreiter bei Bestattungspraxis

■ Gesundheitssenatorin Beate Hübner stellt neues Verfahren für Totgeburten vor

Ab sofort werden Totgeburten aus Berliner Krankenhäusern feuerbestattet. Die Berliner Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) stellte am Montag ein entsprechendes Verfahren der Öffentlichkeit vor. Totgeburten unter 1.000 Gramm sollen künftig gesammelt und in einem Sarg in Krematorien verbrannt werden. Bislang wurden Föten zusammen mit anderen organischen Klinikabfällen in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Diese Praxis war in einem Fernsehbericht vom Juli angeprangert worden.

Hübner erhofft sich von der Neuregelung eine „Hilfe bei der Bewältigung eines schweren Schicksalsschlags“. Sie sei in einem ersten Probelauf am 23. Oktober im Krematorium Wedding angewandt worden. Dabei sind nach Angaben der Senatorin 75 Totgeburten, die in der pathologischen Abteilung der Charité gesammelt wurden, in einem gemeinsamen Sarg verbrannt worden. Die Asche komme dann in ein anonymes Grab auf einem der drei Urnenfelder der Stadt.

Von nun an sollen jährlich zehn bis zwölf solcher Sammelkremationen in Berlin stattfinden. Die Eltern würden dann schriftlich darüber informiert, auf welchem Urnenfeld die Asche beigesetzt wird. Allen Krankenhäusern sei in einem Rundschreiben empfohlen worden, sich an dem Verfahren zu beteiligen und die betroffenen Eltern in Gesprächen auf diese Möglichkeit hinzuweisen.

Nach Schätzungen gibt es in Berlin pro Jahr 1.000 Totgeburten unter 1.000 Gramm Gewicht. Für Totgeburten über 1.000 Gramm besteht nach dem Berliner Bestattungsgesetz eine Beisetzungspflicht. Für Totgeborene unter 1.000 Gramm bestand bisher die Pflicht, sie „in hygienisch einwandfreier und dem sittlichen Empfinden entsprechender Weise zu beseitigen“.

Das neue Verfahren stoße im Bundesgebiet auf reges Interesse, sagte die Sozialsenatorin. Die Länder Hamburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Brandenburg hätten bereits in Berlin angefragt. Das Verfahren sei zusammen mit Ärzten, Seelsorgern und einer Elterninitiative entwickelt worden und entspreche „eher dem sittlichen und ethischen Empfinden als die bisher geübte Praxis“.

Das Berliner Sankt-Josef-Krankenhaus biete zudem wahlweise eine Sammel-Erdbestattung für Totgeburten an. dpa, AP

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen