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Deutsches Umweltrecht veraltet

Seit gestern gilt in der EU: Auch kleinere Bauprojekte erfordern eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Doch Deutschland schaffte es nicht, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Die Folge: Arbeit für die Gerichte  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Wieder einmal trabt Deutschland im Umweltschutz der EU hinterher. Diesmal ist es die UVP-Richtlinie: Sie verlangt eine Umweltverträglichkeitsprüfung für eine große Zahl von Bauverfahren. Es gibt hier zwar schon ein UVP-Gesetz, doch es gilt nur für (Groß-)Projekte wie Autobahnen oder Fabriken. Das EU- Recht fordert eine erhebliche Erweiterung: Auch der Ausbau zweispuriger Straßen, der Bau großer Hochspannungsmasten, von Legebatterien, Skiliften, Städtebauprojekten, Windparks oder Steinbrüchen wird nun UVP-pflichtig. Seit gestern ist das EU-Recht in Kraft – „und Deutschland im Verzug“, wie der Rechtprofessor Christoph Schrader vom Umweltverband BUND schimpft. Denn solche EU- Richtlinien müssen jeweils nach zwei Jahren im nationalen Recht verankert werden. Das unterblieb, weil das Umweltministerium die UVP-Richtlinie im Rahmen eines neuen Umweltgesetzbuches umsetzen wollte.

So ein vereinheitlichtes Umweltrecht ist ein ehrenwerter Ansatz. Doch die ehemalige Umweltministerin Angela Merkel kriegte ihren Entwurf nicht mal durchs Kabinett. Unter grüner Leitung hofft das Ministerium nun rasch ein Umweltgesetzbuch zu verabschieden. Eine Frist will es nach der Erfahrung mit der Atomnovelle freilich nicht nennen – vor Jahreswechsel wird es jedenfalls nichts mehr. Die Folge: Planungsunsicherheit für Investoren.

Um die rechtliche Unsicherheit nicht zu groß werden zu lassen, hat das Umweltministerium eine Vollzugsanweisung, eine Art Leitfaden für die Genehmigungsbehörden, ausgearbeitet. Aber selbst dieses Papier wurde nicht rechtzeitig fertig und schmort noch in der Länderabstimmung. So ein Rundschreiben helfe auch nicht weiter, kritisiert BUND-Experte Schrader, weil es keine wirkliche Rechtssicherheit biete. „Die ohnehin überlasteten Gerichte dürfen es wieder ausbaden.“ Schrader läßt keinen Zweifel daran, daß der BUND vor Gerichte ziehen will, wo Kommunen ohne UVP planen.

Die UVP verlangt von Bauherren wie Behörden, mögliche Umweltschäden neuer Bauprojekte zu bewerten und zu „berücksichtigen“. Dies ist zwar eine sehr weiche Formulierung, und eine UVP verhindert auch kaum ein Projekt, deckt aber oft Möglichkeiten auf, durch Planungsänderungen die Umweltschäden zu mindern.

Auch das bestehende deutsche UVP-Gesetz geht auf eine EU- Richtlinie – von 1985 – zurück, die ebenfalls noch nicht vollständig umgesetzt wurde. Dies brachte Deutschland vergangenen Herbst eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Nun droht ein Bußgeld.

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