: Werthebach befürchtet Korruptionsskandal
■ Korrupte Polizisten kein Einzelfall. 354 Bestechungsverfahren in der Verwaltung
Die Berliner Verwaltung steht möglicherweise vor einem massiven Korruptionsskandal: „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen“, erklärte gestern Innensenator Eckart Werthebach (CDU) vor der Presse, „wäre das ein schwerwiegender Vorgang, der dem Ansehen der gesamten Polizei schweren Schaden zufügen würde.“
Am Dienstag mittag waren vier leitende Beamte des Landeskriminalamtes wegen des Verdachts auf Bestechung in ihrem Büro festgenommen worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft stehen sie in dringendem Verdacht, gegen Geld Tips für Einbrüche und andere Straftaten an rumänische Kriminelle weitergeleitet zu haben. Gegen zwei der Beamten lag ein Haftbefehl vor, über dessen Fortbestand gestern abend entschieden werden sollte. Seit zwei Jahren hatten Fahnder der „AG Rumba“, die sich mit Straftaten rumänischer Banden beschäftigt, zusammen mit der Staatsanwaltschaft gegen die Beamten ermittelt. Sie wurden noch am Dienstag vom Dienst suspendiert. Bisher gibt es weder über die Höhe der Gelder noch über die Art und Weise der Insidertips Informationen.
Der Leiter der 1995 eingerichteten Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe in der Justizverwaltung, Cornel Cristoffel, gab sich gestern nicht sonderlich überrascht. „Ohne den Fall verniedlichen zu wollen, konnten wir das nicht ausschließen.“ Dennoch seien natürlich Korruptionsfälle bei der Polizei „besonders beunruhigend“.
Nach mehreren Skandalen in anderen Großstädten wurde die Berliner Anti-Korruptions-AG 1995 gegründet. „Es war klar, daß diese Stadt keine Insel der Seligen ist“, so Christoffel, „wo die größte Baustelle Europas ist, da gibt es auch Korruption.“ Seither arbeitet die AG an Vernetzung wie an Gegenstrategien. In allen Senatsverwaltungen und in den meisten Bezirksämtern wurden in den vergangenen Jahren sogenannte „Prüfgruppen“ eingerichtet. Christoffel verweist auf die wesentliche Bedeutung der Kontrolle in dem Berich. Korruption ziehe sich durch alle Schichten: „Mit dem Gehalt hat das nichts zu tun.“
Die verstärkte Revision zeitigt offenbar Erfolge: So wurden 1998 immerhin 354 Verfahren wegen Bestechung eingeleitet; 1997 waren es 215. Schlagzeilen machte im vergangenen Herbst der Köpenicker Bauskandal. Auch in den Jahren zuvor hatte es immer wieder aufsehenerregende Fälle gegeben: So hatte bespielsweise ein Richter von einem Beklagten Geld verlangt, ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde gegen Geld Aufenthaltsgenehmigungen ausgestellt. Jeannette Goddar
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen