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Optionsmodell nun im Bundestag

SPD, Grüne und FDP bringen ihren Options-Kompromiß beim Staatsbürgerrecht als Gruppenantrag in den Bundestag ein. Die Union steckt im Dilemma  ■ Von Thorsten Denkler

Bonn (taz) – Die Fraktion von CDU und CSU hatte gestern einen schweren Stand im Bundestag. In der Opposition gegen die Reform des 86 Jahre alten Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht waren sie ganz allein. SPD, Grüne und die FDP brachten ihren Options- Kompromiß als Gruppenantrag ein. Im Mai wird das Gesetz abschließend in Bundesrat und Bundestag beraten. Die Mehrheit ist mit dem Ampelbündnis in beiden Kammern gesichert.

Kinder ausländischer Eltern bekommen in Zukunft von Geburt an den deutschen zum Heimatpaß dazu. Zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr müssen sie sich entscheiden, welche Staatsangehörigkeit sie behalten wollen. Das alte Abstammungsrecht wird damit durch das Territorialprinzip (Jus soli) ergänzt.

Ausgerechnet den für seine groben Vereinfachungen bekannten Bayern Wolfgang Zeitlmann, innenpolitischer Sprecher des CSU- Landesgruppe, schickten die Christsozialen als ersten Redner in die dreieinhalbstündige Debatte. Er sorgte nicht nur bei SPD und Grünen für Hohn und Gelächter. Auch sein Fraktionschef Wolfgang Schäuble schüttelte ungläubig den Kopf, als Zeitlmann von vielen tausend kleinen „Mehmets“ sprach, die in Zukunft nicht mehr abgeschoben werden könnten, weil sie dann ja Deutsche seien, oder von fanatischen Extremisten, denen der Paß ja nun „per Expreß ins Haus“ zugestellt werden könne. Den SPD-Abgeordneten Michael Bürsch verleitete dies zu dem Hinweis, daß er noch nichts von Kindern gehört habe, die als Kriminelle zur Welt gekommen seien.

Die CDU/CSU, das zeigte sich deutlich, ist in einem Dilemma. Einerseits will sie bei den anstehenden Beratungen in den Ausschüssen mitreden. Andererseits beharrt sie auf ihrer Unterschriftenaktion und ist grundsätzlich gegen die Änderung des Blutrechtes. Trotz geradezu flehentlichen Bittens von Redner aller Parteien – die Unterschriftenaktion gegen den Doppelpaß wird nicht eingestellt. Die Menschen müßten davor bewahrt werden, daß der Doppelpaß in einem zweiten Schritt doch noch eingeführt werde, sagte Fraktionsvize Jürgen Rüttgers. Außerdem halte er die Optionslösung für nicht verfassungskonform und warnte vor Millionen von Ausländern, die mit dem neuen Gesetz Anspruch auf den Doppelpaß hätten. „Nicht dialogfähig!“ – Das war das Urteil von Innenminister Otto Schily (SPD) zum Verhalten der Unionsparteien.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle lud die Abgeordneten seines ehemaligen Koalitionspartners ein, das Gesetz zu unterstützen. Von Schäuble forderte er, die Abstimmung freizugeben, dann gebe es „mehr als eine Zweidrittelmehrheit“ für die Reform. Da könnte er Recht behalten: 60 Abgeordnete von CDU/CSU haben sich in einer fraktionsinternen Abstimmung im Januar für das Optionsmodell ausgesprochen – darunter auch Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe und CDU-Generalsekretärin Angela Merkel.

Selbstkritisch ging Kerstin Müller ans Werk. Die bündnisgrüne Fraktionssprecherin räumte ein, mit der Optionslösung nicht zufrieden zu sein. Sowohl was die verfassungs-, als auch die verfahrensrechtlichen Probleme angehe, bestünden noch Bedenken. Sie fürchte vor allem einen enormen bürokratischen Aufwand. Trotzdem sei der vorliegende Entwurf immer noch besser als „gar nichts“.

Harte Kritik mußte die FDP einstecken. Sie trage die Verantwortung dafür, daß der Entwurf nicht über das Optionsmodell hinausreiche. Streit in den Familien sei vorprogrammiert, wenn sich Jugendliche gegen die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden wollten. Bis zur endgültigen Entscheidung, die für Ende Mai geplant ist, sollten die Freidemokraten ihre Haltung doch noch einmal überdenken.

Westerwelle ging darauf nicht ein. Viel lieber bedankte er sich für die gute Zusammenarbeit beim Innenminister und dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz. Zu den Grünen sagte er kein Wort. Ansonsten sonnte er sich im Glanze seines Erfolgs. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht entspreche „zu 100 Prozent“ den Vorstellungen der FDP. Nein, verstecken mußte sich der Mann gestern nicht.

Otto Schily mahnte die CDU, endlich von ihren Horrorbildern Abschied zu nehmen. Jeder Mensch komme unschuldig auf die Welt, „nicht als Fanatiker, nicht als Verbrecher“. Die CDU müsse sagen, ob sie ein ungleiches Recht haben wolle für Kinder ausländischer Eltern, und ob sie in Zukunft auch deutsche Skinheads ausbürgern wolle, und fügte nachdenklich hinzu: „Wer wir sind, erkennen wir an der Würde jedes einzelnen Menschen.“

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