: Ganz professionell: Trittin zieht Büßerhemd an
■ Grüner Parteirat kritisiert Umweltminister Jürgen Trittin für die Äußerung über schwarz-grüne Koalitionen. Dieser sieht seinen „professionellen Fehler“ ein
Bonn (taz) – Umweltminister Jürgen Trittin hat sich vom bündnisgrünen Parteirat schwere Kritik anhören müssen. Auf der gestrigen Sitzung des beratenden Gremiums wurde der frühere Parteisprecher wegen seiner kürzlich an die Öffentlichkeit gedrungenen Äußerungen zu möglichen Koalitionen mit der Union flügelübergreifend angegriffen. Wie aus Parteikreisen gestern verlautete, zeigte der in letzter Zeit viel gescholtene Trittin während der Debatte, die sachlich geführt worden sei, Einsicht. Es sei ihm ein „professioneller Fehler unterlaufen“, habe Trittin sich für sein Äußerungen gegenüber dem Stern entschuldigt.
Doch nicht nur Trittin, sondern auch das Erscheinungsbild der grünen Minister allgemein wurde auf dem gestrigen Treffen im Bonner Hotel Bristol moniert. Der frühere Bremer Senator Ralf Fücks forderte nach Angaben von Teilnehmern eine klarere Arbeitsteilung zwischen Partei, Fraktion und Ministern. Minister sollten für ihre Ministerien sprechen, nicht für die Partei. Zu den vielen, die sich zu Wort meldeten, gehörte auch Claudia Roth. Die frühere Europaparlamentarierin, die jetzt der Bundestagsfraktion angehört, nannte die „Selbstzerfleischung“ und den „verkommenen Umgang untereinander“ als eigentlichen Ausdruck der Krise der Grünen, hieß es aus Teilnehmerkreisen.
Weitgehende Zustimmung fand auf der Sitzung des 30köpfigen Parteirats ein zuvor von den beiden Parteisprecherinnen Gunda Röstel und Antje Radcke zusammen mit dem Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer formuliertes Thesenpapier. Darin wird unter anderem festgestellt, daß ein alternatives Bündnis mit den in der SPD verbliebenen „schwachen Resten von linken Strukturkonservativen“ gefährlich für die Grünen wäre. Damit geriete die Partei schnell an den Rand und könne „allenfalls zwischen Demütigung und Ausstieg wählen“. Die Grünen dürften aber auch nicht Schröders Kurs hinterherlaufen. Es wäre ebenso gefährlich, „wenn wir zu Erfüllungsgehilfen einer Politik würden, die ihren Gestaltungs- und Reformanspruch aufgibt und dem Diktat von Status-quo-Interessen folgt“.
Zustimmung fand im Parteirat der Vorschlag, wonach der Bundesvorstand eine Kommission für strukturelle Reformen in der Partei unter Führung von Bütikofer einsetzen soll. Bis zum Herbst soll dieses Gremium, dessen Personal noch zu bestimmen ist, ein Reformkonzept bis zum Frühjahr 2000 erarbeiten. Auf breite Ablehnung stieß hingegen der Vorschlag des Bundesvorstands, der Koalitionsausschuß solle künftig die Politikplanung übernehmen. Damit wäre der Parteirat, der erst im vergangenen Jahr geschaffen wurde, durch den Koalitionsausschuß entmachtet worden. Severin Weiland
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