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Transatlantischer Datenaustausch

Kanzleramt bestätigt Vereinbarung mit den USA über den Austausch von Daten der DDR-Spionageabwehr. Laut Gauck-Behörde wird die CIA nicht ungehinderten Zugang zu Stasi-Akten haben  ■   Aus Bonn Severin Weiland

Das Bundeskanzleramt gab sich zugeknöpft. Die Sache sei vertraulich, doch soviel könne man sagen: Zwischen der Bundesrepublik und den USA werde es in der Tat einen Austausch von Stasi-Daten geben. Man habe sich vergangene Woche darauf verständigt, daß die USA jene Daten der DDR-Auslandsspionage zur Verfügung stellten, die die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland betreffen.

Im Kern bestätigte damit das Bundeskanzleramt gestern gegenüber der taz einen Bericht des ZDF. Danach soll sich der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Ernst Uhrlau, mit CIA-Chef George Tenet über den Austausch von einigen tausend Datensätzen auf Mikrofilm und Karteikarten geeinigt haben. Über Art und Umfang sowie über die zeitliche Abfolge des Datenaustauschs wollte sich das Bundeskanzleramt aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht äußern. Es werde aber ein längerer Prozeß sein, mit einer schnellen Datenübergabe sei nicht zu rechnen, hieß es.

Mit der Vereinbarung dürfte eines der letzten Geheimnisse der legendenumwobenen Hauptabteilung Aufklärung (HVA), der Spionageabwehr der DDR, entzaubert werden. Im Januar war es einem Mitarbeiter der Gauck-Behörde gelungen, vier Sira-Magnetbänder der HVA zu entschlüsseln, auf denen Arbeitsergebnisse von Agenten im Zeitraum von 1969 bis 1987 verzeichnet sind. Darin sind Kurzbeschreibungen und gelieferte Dokumente von rund 4.500 Agenten mitsamt ihren Decknamen gespeichert. Der Datenfund mußte nur noch ergänzt werden - just durch jenes Material, das der US-Geheimdienst besitzt.

Während des Zusammenbruchs der DDR verschaffte sich der CIA eine komplette Auflistung der HVA-Mitarbeiter aus dem Jahr 1988 samt Decknamen, Registraturen und – besonders wichtig – mit vollen Klarnamen. Ein Abgleichen beider Datensätze – also der in der Gauck-Behörde lagernden Sira-Magnetbänder und der in US-Besitz befindlichen HVA-Liste – würde das Spionagesystem des früheren HVA-Chefs Markus Wolf offenlegen. Das ZDF berichtete allerdings, die USA wollten nur deshalb die Daten herausgeben, um eigene Operationen nicht zu gefährden. Ein dezenter Hinweis darauf, daß offensichtlich der US-Geheimdienst frühere Stasi-Agenten weiterführt.

Die Erkenntnisse, die die USA den deutschen Behörden zur Verfügung stellen, werden nicht automatisch zu neuen Strafverfahren führen. Der Straftatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit ist mittlerweile verjährt. Strafrechtlich relevant ist allenfalls der Vorwurf des „Landesverrats“.

In wieweit die CIA in die Sira-Magnetbänder Einblick erhalten wird, wird noch zwischen dem Kanzleramt und der Gauck-Behörde im Detail zu klären sein. Einen unbeschränkten Zugang, etwa in Form eines formellen Austauschs von Akten, stehe das Stasi-Unterlagen-Gesetz entgegen, machte gestern der Sprecher der Gauck-Behörde, Johannes Legner, klar. Für Geheimdienste sei der Zugang vom Gesetzgeber deutlich „eingeschränkt“ worden. Geheimdienste erhielten unter zwei Bedingungen Einblick: wenn es um ihre eigenen Mitarbeiter gehe oder um Vorgänge, die mit der Spionageabwehr zusammenhingen. Letzeres müsse aber „sehr gut begründet sein“. Der CIA könne man etwa nicht „in dem Umfang Material geben, auf das etwa Journalisten gesetzlich Anspruch haben“.

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